Erstellt von Perli am 26.09.2020

Escandalos – Zuhause / VÖ: 21.08.2020 via Ring Of Fire Records

Wie stellt man mich vor eine geistige Herausforderung? Ganz einfach: man lege mir eine Band vor, die ich noch nicht kenne, mit einem mir völlig unbekannten Album und bittet mich „Könntest du ein Review schreiben?“. Ich wäre doch nicht wirklich ich, wenn ich diese Aufgabe nicht auch annehmen würde. Es ist für mich äußerst spannend, mich auch mal mit Bands auseinander zu setzen, die ich vorher nicht auf dem Schirm hatte, also ran an den Speck:

Escandalos ist eine Ska-Punk Band aus Ulm, die einen mit ihren deutschen Texten zum lächeln, aber auch zum nachdenken bringen kann. Sympathisch? JA! Sozialkritisch? Auf jeden Fall!!! Langweilig? Nope! Tanzbar? UND WIE!
ZUHAUSE ist bereits das dritte Album der 7-köpfigen Band, bei dem sich die Jungs und Mädels ordentlich ins Zeug gelegt haben.

 

Tracklist:

  1. Mit dir ein Tanz
  2. Heute ist der Tag
  3. Kreuzfahrt
  4. Kein Blick zurück
  5. Wenn wir zusammen sind
  6. Käfig
  7. Zuhause sicher (feat. Annette Benjamin)
  8. Fernweh
  9. Diese Nacht
  10. Ganz egal
  11. Auf dem Land
  12. Schicksal oder Glück
  13. Du bist nicht allein
  14. Dorfpunks 

Die ersten 20 Sekunden des Openers „Mit dir ein Tanz“ beginnen sehr ruhig und haben mich beim ersten hören sehr stutzig gemacht. „Hab ich das richtige Album?!?“ Ja hatte ich, denn nach einem kurzen Kulturschock für mich ging es los: klare, helle Stimme, rockige Noten – passt. Doch was überrascht mich da im Refrain? Blasinstrumente! Sehr cool. Die Musik lädt mich doch tatsächlich zum tanzen ein, denn ich kann bei solchen Rhythmen nicht still still stehen bzw. sitzen bleiben. Gefällt mir gut. 

Weiter geht’s mit „Heute ist der Tag“. Zu finden ist der Song auch als Video auf Youtube, und ich könnte wetten, jeder steht, oder stand irgendwann mal in seinem Leben an diesem Punkt, an dem er weg wollte. Taptenwechsel. 

„...Heut´ ist der Tag, heut´ muss ich gehen, 
F**k off alte Welt, ich will dich nicht mehr sehen...“,

 mir ging es jedenfalls schon einmal so. Und allein damit holt dieser Song schon eine ganze Reihe Zuhörer mit ins Boot, die sich verstanden und nicht mehr alleine fühlen. 

Auch der dritte Song „Kreuzfahrt“ startet flott, und dann... höre ich da richtig, ... uiuiuiui... da ist aber jemand sozialkritisch... Irgendwie muss man eben versuchen, sich mit dieser Welt abzufinden. Entweder man tut etwas, oder man sieht nur zu und lebt damit. Ich für meinen Teil, denke mir einfach meine Meinung, denn Meinungen sind verschieden.

„Kein Blick zurück“ läuft solide neben dem Rest des Albums durch, ganz ihrem Stil treu, zügig, positiv gestimmt und in die Zukunft gerichtet.

Kommen wir in die Abteilung, auf die viele Frauen warten. Willkommen bei dem Liebeslied „Wenn wir zusammen sind“. Zwar nicht so kitschig, wie manch andere Lieder, aber dennoch sehr aussagekräftig. „...Wo du nicht bist, will ich nicht sein!...“ - eine Aussage, die das Lied passenderweise in einem Satz zusammenfasst. Schön, aber nicht zu schnulzig.

„Käfig“ ist die erste Nummer des Albums, die mir als eine etwas ruhigere erscheint, nicht zu ruhig, aber es fällt durchaus auf. Auch hier hört man wieder leicht sozialkritisch ein Paar Spitzen raus, die aber absolut auch mal zum Nachdenken anregen, denn völlig Unrecht haben Escandalos mit ihrem Text definitiv nicht.

Nun kommt das erste Lied, das mir gleich mehrmals meine Augenbrauen hochschnellen ließ. „Zuhause sicher“ mit der Gastsängerin Annette Benjamin, von Hans-A-Plast, an deren Stimme ich mich wohl auch beim zehnten hören nicht gewöhnen werde. Geschmäcker sind eben verschieden, und das ist auch gut so! In dem Lied hört man ein Thema heraus, welches von der Gesellschaft oftmals, wie auch im Text erwähnt, unter den Teppich gekehrt wird: Häusliche Gewalt. Heikles Thema, aber mal durchaus interessant verpackt.

„Fernweh“ verrät direkt im Titel schon, worum es im Text geht. Selbsterklärend. Erinnerungen an alte Zeiten lassen Fernweh erst richtig aufblühen. Wem geht’s nicht so?! Denkt mal an die Zeit vor Corona – Reisen, Konzerte, Festivals, sehnt ihr euch nicht auch die Zeit zurück? Ich schon. Gut, dass wir unsere Erinnerungen für lange Zeit speichern können. Ob dieses Lied wohl zufällig entstanden ist?!

„Diese Nacht“ war auch bereits eine Singleauskopplung, die ebenfalls als Video bereits einen Vorgeschmack auf das Album geben konnte. Lebt ja nicht jeder so hinter´m Mond so wie ich. laugh Gutes Lied, rockige Beats, macht durchaus Spaß.

Und jetzt kommt es, mein absolutes Highlight: „Ganz egal“! Leute, das Lied hat mich direkt beim ersten hören geflasht. Toller Text, nein... GENIALER Text. Die Frage „... macht es dich glücklich?... ist dir das Wichtig?...“ 
wiederholt sich des öfteren und regt damit zum nachdenken an. WAS macht dich denn glücklich? Was IST dir denn wirklich wichtig? Ich kann nicht genau sagen, was es ist... aber es ist toll. Ich könnt mich reinlegen! 

 

„...Ganz egal, was andre denken, ganz egal was andre tun, 
solang du damit glücklich bist, mach weiter immerzu!...“ 

Hach.... Hab ich schon erwähnt das ich diesen Song mag?!

„Auf dem Land“ ist wieder ein sozialkritischer Song, der mich etwas spaltet... Irgendwie kann ich dem nur zu 50% zustimmen. Jeder sollte sich seine eigene Meinung zu diesem Lied machen.

„Schicksal oder Glück“ ist nochmal eines der ruhigeren Nummern auf dem Album, jedenfalls während der Strophen. Chancen auf ein zweites Leben- ergreift man diese Chance? Gibt es Schicksal? Ist alles nur Glück? Darüber lässt sich wohl philosophieren. Kennt ihr eigentlich diese Leute die Instrumente mitsingen? Ich bin so Eine.  Blasinstrumente sind so verlockend. laughwink 

Als ich das Lied zum ersten Mal gehört habe, klang es nach einem typischen Freunde-Song: „Du bist nicht allein“, bis ich den Refrain gehört habe, dann musste ich lächeln. 

„...Wir sind Kojoten, im Mondenschein. 
Wir heulen auf, a-u-u-u...“ 

Klang für mich beim ersten hören echt niedlich^^, aber wißt ihr was...? Wann merkt man denn, ob einem die Musik gefällt oder nicht? Das ist einfach: du sitzt im Auto und singst lauthals den Text mit... Ja genau, den bereits zitierten Text, den ich Anfangs so belächelt habe, inklusive Kojotengeheul! „Wir sind Kojoten - A-UUUUHHHH-UUUUHH-UUUUH!!!!!“ Genau dann hat mich ein Lied für sich gewonnen. 

Im letzten Song „Dorfpunks“ wird dann wohl das Statement schlechthin gesetzt: 

„...Hier kommen wir her, hier fing alles an, 
hier sind unsre Wurzeln, ein Leben lang, 
das ist tief ins Herz graviert,…“

Da ist Jemand stolz auf seine Heimat und trägt dies auch gerne nach außen. „...Wir sind Dorfpunks, ein Leben lang!..."  Ich finde das sehr aussagekräftig. 


Fazit:
Ich würde mich jetzt nicht grade als eine Frau bezeichnen, die Ahnung von Ska-Punkrock hat, aber bis auf 2-3 Ausnahmen klingt zumindest die Geschwindigkeit bei fast allen Liedern sehr ähnlich. Ich hör schon die Kenner schreien „Das muss so sein!“, aber hey, es ist meine Meinung, erschlagt mich nicht.

Der Stil ist jedenfalls durch jedes Lied wie ein roter Faden durch das Album geschlängelt. Und schlecht find ich ihn ja nicht. Ich freue mich sehr, dass ich das Album auseinander nehmen und eine für mich neue Band kennenlernen durfte. Wegen mir könnten die sozialkritischen Lieder auch weg bleiben oder es würde auch eines pro Album reichen... nur für meinen Geschmack. 

Sollte ich in den nächsten Jahren irgendwo auf einem Festivalflyer mal ESCANDALOS lesen, dann bin ich dabei! Ich werde vor der Bühne zu finden sein, denn ich finde die Jungs und Mädels echt gut! Von mir gibt’s einen Daumen nach oben. Macht weiter so, ihr habt Potential. 

Für euch Leute, habe ich noch eine Bitte, unterstützt auch die kleinen Bands auf Festivals. Bleibt auch mal vor der Bühne stehen, obwohl euch der Name gar nichts sagt, vielleicht  kann es sich dennoch lohnen. Und die Mannschaft die dort oben auf der Bühne steht, freut sich auch, das verspreche ich euch!

Bleibt gesund, wir sehen uns hoffentlich bald wieder!
Vanny
AGF- RADIO