Erstellt von Dunja am 10.02.2022
Morgenrot - 20 / VÖ: 25.02.2022 via Burnout Records
Gut Ding will bekanntlich Weile haben. Und es war ja wirklich eine ganze Weile vergangen bis dieses Jubiläumsalbum nun doch endlich erscheinen kann. Eigentlich war das Jubiläum von Morgenrot schon letztes Jahr und da sollte dieses Album auch erscheinen. Leider hat ihnen die Situation wie sie nun mal gerade ist dabei mehrfach einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nachdem jedoch alle Widrigkeiten durchgestanden waren, erscheint das Album nun doch endlich und das Ganze auch zum ersten Mal in Form von Vinyl. Meine Wenigkeit durfte nun auch endlich in das Album reinhören und ich war schon vor dem ersten Anhören ein wenig überrascht. Wer sich die Tracklist ansieht wird merken, dass da nicht viel Neues geboten wird. Es ist vielmehr eine kleine Reise zurück in den letzten Jahren mit Tracks, die einerseits zum Teil nur auf limitierten Sachen oder gar nur digital erschienen sind, andererseits aber auch einfach zum Besten gehören was die Band geschaffen hat. Wie diese kleine Reise in die Vergangenheit aussieht und ob das Ergebnis überzeugt erfahrt ihr in den folgenden Absätzen.
Besetzung:
Atze – Schlagzeug
Riemer – Gesang
Thomas – Gitarre
Brolier – Gitarre
Hannes – Bass
Tracklist:
1. Solang mein Herz schlägt
2. Die Zeiten ändern dich
3. Der König
4. Für immer und ewig
5. Es ist nie zu spät
6. Ich kenn deinen Weg nicht
7. Dein Spiegelbi
8. Bleib dabei
9. Die Zeit steht still
10. Traue keinem, der nix trinkt
11. Auge um Auge
12. Das Böse bleibt
13. Wenn Freunde sterben
14. Planet der Lügen
15. Krieg der Helden
16. Die beste Medizin
17. Bleib dabei (A Capella Version)
18. Zu hoch gepokert (Los Ukulelos Techno)
Direkt und ohne Intro geht es hinein mit einem Song aus ihrem aktuellen Studioalbum Hertzblut. „Solang mein Herz“ schlägt ist gleich mal zu Beginn die klare Ansage, dass noch lange kein Ende in Sicht ist. Interessante Wahl als ersten Song für das Albums.
Interessant ist auch die Wahl des zweiten Songs. „Die Zeiten ändern dich“ vom Album Im Bann der Zeit aus dem Jahre 2015 könnte man als Anspielung sehen, dass zwar der Weg der Band noch lange nicht vorbei, aber die Zeit doch nicht ganz ohne Veränderung vorbei gegangen ist. Vielleicht wollen sie aber auch einfach nur diesen Song wieder den Leuten ins Gedächtnis rücken. Hörenswert ist er damals wie heute auf jeden Fall und hat auch nicht an Stärke eingebüßt.
Kommen wir als nächstes zum aktuellen Song der Band, der bisher weder digital noch physisch erschienen ist. „Der König“ ist ein einfacher gute Laune Partysong, der auf keiner ordentlichen Sause fehlen darf. Sei es auf dem Geburtstag, um den Gastgeber zu ehren oder auch auf einem Konzert der Band. Der König hat immer Laune und bittet dementsprechend immer gerne zum Tanz.
Als nächstes kommt der Beweis, dass natürlich auch 20 Jahre Bandgeschichte nicht vergehen, ohne dass dabei Liebeslieder entstehen können. „Für immer und ewig“ von 2015 ist hier das Beispiel dafür. Allerdings glücklicherweise nicht im typischen Schmusekurs, wie bei den anderen geht es hier trotz allem weiter in ordentlich rockiger Manier. Selbst eingefleischte Liebesmuffel werden nicht herum kommen diesen Song trotzdem zu mögen und live immer wieder mit abzufeiern.
Hier gibt es einen kleinen Rückblick auf 2 Zeiten. Bereits 2012 erschien der Song „Es ist nie zu spät“ auf dem Album Zwischen Freund und Feind und wurde sehr schnell zum beliebten Dauerbrenner. Das war allerdings in einer anderen Besetzung und auch eine ganz andere Zeit. 2018 wurde er dann noch einmal und im aktuellen Sound der Band neu aufgenommen. Diese Version hat so nun auch hier auf dieser Platte seinen Platz bekommen und hat ebenso wie der Vorgänger immer noch seine Qualitäten als absoluter Ohrwurm.
Wir bleiben im Jahr 2018 und kommen zu einem Song der, damals wie heute, einer ihrer absolut Besten überhaupt ist. „Ich kenn deinen Weg nicht“ ist eine musikalisch sehr vielschichtige, aber auch traurige Geschichte darüber, den Menschen nicht zu verstehen, den man am meisten auf der Welt liebt. Auch heute bekomm ich beim Anhören dieses Liedes in ruhigen Momenten immer noch eine Gänsehaut.
Weiter geht es mit einem 2017 erschienen Song, der wirklich fast ein bisschen untergangen ist. In diesem Jahr veröffentlichten sie ihre EP Spiegelbild und auf dieser war auch der fast gleichnamige Song „Dein Spiegelbild“ enthalten. Ein sehr direkter Song, der einem ins Gedächtnis ruft, dass der Spiegel niemals lügt. Textlich sowie musikalisch auch einer der herausragendsten Songs der Band. Gut, dass er hier nochmal die Gelegenheit bekommt sich zu zeigen.
Wieder zurück im Jahr 2015 wird es an dieser Stelle dann doch endlich wieder Zeit für etwas Spaß. Vor allem aber für eine zeitlose und äußerst wichtige Botschaft an euch alle da draußen.
„...Wenn du einmal beim Saufen bist, dann bleibe doch dabei,
denn merk dir deine Alte schimpft um 10, genauso wie um 2...“
So schlicht, einfach und in einem absolut knallenden Gewandt präsentiert uns „Bleib dabei“ die schlichte Wahrheit. Also schaltet auch auf keinem Fall ab und lauscht weiter den Geschichten der Band.
Nach der Partylaune gibt es hier einen abrupten Cut und es verschlägt uns in den Wahnsinn. 2012 war das Thema mit Amokläufen an Schulen immer noch sehr aktuell und die Band veröffentlichte mit „Die Zeit steht still“ auch einen eigenen Song zu dem Thema. 2013 fand er dann seinen Weg im neuen Sound auf die EP Auge um Auge und findet nun hier seinen Platz wieder, beim Rückblick auf die vergangenen Jahre. Immer noch mit krachendem Sound, aber auch mit einem mulmigen Gefühl nimmt dieser Song verdient seinen Platz in der Sammlung hier ein.
Nach dem Ausflug in den Wahnsinn muss dringend etwas Ablenkung her. Diese kommt uns dann auch sofort aus dem Jahre 2020 entgegen in Form von „Traue keinem, der nix trinkt“. Hier gibt es eine Besonderheit. Dieser Song erscheint auf der CD und der Schallplatte in zwei verschiedenen Versionen. Auf der Platte ist einfach der vollständige Song drauf. Auf der CD jedoch, ist dieses ganz spezielle Intro im Song enthalten. Diese Version konnte man bisher nur, wenn ich nicht ganz falsch liege, bei uns im Radio oder an anderen besonderen Gelegenheiten hören. Hier jedoch bekommt jeder mit dem Kauf der CD die Möglichkeit sich dieses kleine Schmankerl zu Gemüte zu führen. Worin dies besteht, verrate ich jedoch an der Stelle nicht. Das müsst ihr dann schon selbst herausfinden.
Vorhin, wurde ja schon die EP Auge um Auge von mir einmal angesprochen. Hiervon erwarten uns gleich zwei Songs. Mit dem Titel Song „Auge um Auge“ gibt es nochmal eine deftige Portion Wut und Abneigung an jeden Exfreund bzw. -freundin dieser Welt. Danach jedoch wird es gleich nochmal richtig düster. „Das Böse bleibt“ ist ein Song, der über einen der wahren Abgründe der Menschheit erzählt. Hier wird fast schon alle Stimmung herausgenommen und zur Andacht angeregt. Vielleicht einer der dunkelsten Songs, die je geschrieben wurden, aber dennoch richtig und vor allem wichtig, dass immer wieder auf dieses Thema aufmerksam gemacht wird. Von daher auch einer der wertvollsten Songs, den die Combo aus Saalfeld und Umgebung hervorgebracht hat.
Jetzt wird es gleich ein wenig Paradox. Wer glaubt, dass man nicht gleichzeitig Wut und Enttäuschung fühlen, aber auch den absoluten Drang verspüren kann, zu einem absolut tanzbaren Song die Sau rauszulassen, der wird hier eines Besseren belehrt. 2012 erschien der Song „Wenn Freunde sterben“ zuerst und hatte nur die Seite der Wut in sich. 2018 erschien der Song aber noch einmal und bekam ein neues Klanggewandt, der ihn auf eine ganz neue Stufe hob und dieses fast schon gegensätzliche Stück hervorbrachte. Damals wie heute ist er einer meiner persönlichen Favoriten der Band und wird auch in Zukunft seinen Platz bei mir und auch allen anderen Hörern der Band haben.
Hier kommen wir nun zu einer Neuauflage von einem der ältesten Songs der Band. 2009 erschien ihr Album Planet der Lügen, auf dem natürlich auch ein gleichnamiger Titelsong enthalten war. 2020, also ganze 11 Jahre später, wurde auch dieser Song neu aufgelegt. So traurig es auch anmuten mag, dieser trifft seit seiner Entstehung immer zu 100% die Wahrheit über die jeweilige Zeit. Und wenn es so weiter geht, wird er wohl auch weiter in der Zukunft immer genau den Finger auf die Wunde der Zeit legen. Besser auf den Punkt kann man einen Song eigentlich gar nicht bringen.
Passend zu dieser Erkenntnis passt gleich der nächste Song, der aus dem Jahr 2017 stammt. „Krieg der Helden“ stellt die Frage, die sich wohl jeder immer wieder stellt. Wo sind die Helden auf diesem Planeten oder gibt es sie überhaupt? Auch hier wird wieder einer der Songs herausgekramt, welche fast ein wenig vergessen wurden. Es wäre auf jeden Fall schade gewesen, wenn man ihn vergessen hätte. Auf seine eigene Art und Weise ist dieser Song eine großartige Abwechslung im Stil von Morgenrot und verdient dadurch auf jeden Fall diese Art von Aufmerksamkeit.
Kommen wir nun zum letzten Teil der Reise in die Vergangenheit der Truppe. Mit „Die beste Medizin“ lieferten sie 2015 eine der Hymnen für unsere Szene überhaupt ab. Sollte man jemals ein Lexikon über das Thema Deutschrock schreiben, dann wird dieser Song definitiv darin mit erscheinen. Damit ist er nicht nur einer ihrer stärksten Songs, sondern meiner Meinung nach auch einer der Besten aus unserer gesamten Szene!
Kommen wir nun zu zwei ganz, naja ich sag mal besonders außergewöhnlichen Sachen. In 20 Jahren Bandhistorie darf man sich natürlich auch mal ein paar Späße erlauben. Und hier haben sie sich extra zum Jubiläum gleich einen doppelten Spaß erlaubt. Ehrlich gesagt hoffe ich, dass es zumindest so ist.
Als erstes bekommen wir „Bleib dabei“ in einer A Capella Version dargeboten. Bevor ihr euch jedoch diesen Song das erste Mal anhört, gebe ich euch hier noch zwei wichtige Tipps, die ihr zu eurer eigenen Sicherheit beachten solltet. Setzt euch auf den Boden und bewaffnet euch mit Taschentüchern. Ich habe beides nicht getan und hätte es fast bereut. Denn während dem ersten Anhören dieses Lieds bin ich tatsächlich mit Tränen in den Augen und herzhaft lachend fast vom Stuhl gefallen. Kein Witz! Ich habe selten, wirklich sehr selten so gelacht wie bei diesem Song. Mir fällt es selbst schwer gerade diese Zeilen zu schreiben, da ich bei dem Gedanken an den Song immer wieder in spontanes Gelächter ausbreche. Rein vom Text her hat sich dieser Song natürlich überhaupt nicht verändert, aber wie es schon der Name sagt, handelt es sich hier um eine Version a capella, das bedeutet die einzigen Instrumente in diesem Song sind die Stimmen der Bandmitglieder. Die Art und Weise wie sie dies umgesetzt haben macht das ganze so urkomisch, dass ich wahrscheinlich diesen Song nie hören kann, ohne in herzhaftes Gelächter ausbrechen zu können. Er ist absolut umwerfend. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Der zweite neue Song und auch gleichzeitig der Letzte, ist wie sein Vorgänger ein doch ziemlicher Brüller. „Zu hoch gepokert (Los Ukulelos Techno)“ ist tatsächlich, wie der Name schon vermuten lässt, eine auf Techno umgemünzte Version des Liedes von 2018. Vielleicht ist sie nicht ganz so witzig wie der vorherige Song, aber in seiner Machart, und vor allem sich vor Augen vorzustellen, dass wirklich diese Band den hier zu Stande gebracht hat, ist einfach nur absolut absurd. Aber so absurd, dass es wieder witzig ist. Noch komischer wird es, aber wenn ich euch jetzt sage, dass dieser Song gar nicht mal schlecht ist. Es würde mich nicht wundern, wenn er irgendwann auf irgendwelchen schlechten Technopartys oder sogar am Ballermann laufen würde. Schon lustig, zu was so eine gestandene Band in der Lage ist. Am Ende des eigenen Jubiläumsalbums lassen sie einen total kaputtgelacht und auch etwas verwirrt zurück. So etwas habe ich echt noch nicht erlebt.
Fazit:
Dieses Album ist eine sehr gelungene Zusammenfassung einer sehr eindrucksvollen Band. Thematisch sehr breit gestreut und musikalisch sehr abwechslungsreich, zelebrieren sie mit diesem Album würdig ihr Jubiläum. Ein absolutes Muss für jeden Kenner der Band und Sammler guter Musik. Vor allem aber wäre allerspätestens jetzt, auch für all diejenigen, die Morgenrot noch nicht kennen, der perfekte Moment, um bei ihnen einzusteigen. In jedem Fall ist es eine Bereicherung für jeden Freund von gepflegter Rockmusik!
Alex
AGF-RADIO