Erstellt von Perli am 27.03.2022
Skrupellos – Monster in mir / VÖ: 13.05.2022 via Deutschrocklabel
Und wiedereinmal sage ich `Willkommen zu Vannys Lesestunde´. Kennt ihr eigentlich schon Skrupellos? Nein? Gut, dann bin ich wenigstens nicht die Einzige. Ich kannte sie auch nicht – aber genau deshalb liebe ich meinen Job hier, ich lerne immer und immer wieder neue Bands kennen. Und bereut habe ich es bis jetzt eher selten.^^ Im Gegenteil, irgendwie erweitert es meinen Horizont nur noch weiter und weiter.
Die Herren aus Lüneburg (Niedersachsen) gründeten sich 2019, ihr merkt also selbst, wieso ihr sie erst jetzt auf den Schirm bekommt, denn 2020 kam das Böse C-Wort über die Welt gepurzelt und hat alles lahm gelegt. Das erklärt also ganz gut, wieso sie Einem bis jetzt noch unbekannt gewesen sein könnten. Nun aber ist es endlich soweit und mit ihrem Debütalbum Monster in mir wollen sie jetzt die Bühnen der Welt erobern.
Skrupellos sind Schafe im Wolfspelz – ganz ehrlich – sie sind nicht böse, sie tun nur so und wollen in Wirklichkeit nur spielen. Dabei können sie auch live richtig aufdrehen und ihr Können unter Beweis stellen.
Ich finde sie jedenfalls sympathisch.
Und doch ist ihr Name Programm – sowohl musikalisch als auch textlich. In den vier Jungs steckt, nach eigenen Angaben, eine ordentliche Portion Lebens- und Spielfreude.
Vom Drei- Akkord- Mitgröl-Song bis zu ausgearbeiteten Musikstücken mit fast schon bedrohlich wirkenden Texten ist alles dabei. Und die Band bedient sich auch hier skrupellos fast allen Genres: von Hard- und Heavyrock bis Punk dürfen wir viel erwarten.
Auf euch kommen neun Songs zu, die es in sich haben, denn mit guten 42 Minuten ist das Album nicht gerade kurzweilig.
Bandbesetzung:
Gesang und Gitarre: Dennis Grantin
Gitarre: Kevin Nolde
Bass: Carsten Gympel
Schlagzeug: Jarne Langer
Tracklist:
- Skrupellos
- Monster in mir
- Keine Zeit
- Don Testosteron
- Alles ist möglich
- Isolation
- Heiß
- Lauf weg
- Falsche Freunde
Also dann starten wir doch mal direkt mit dem ersten Song „Skrupellos“, also einen self-titled Track. Ich höre alleine die ersten Sekunden des Liedes und denke mir „Boah, geil – die Musik ist ja absolut meins!“ Zack, musikalischer Jackpot. Ich bin ja so leicht zu begeistern. Im übrigen ist der erste Song gleichzeitig auch mit Abstand der kürzeste des Albums, auch wenn er mit 3:19 Minuten gar nicht mal so kurz ist.
Die Jungs stellen sich standesgemäß im ersten Song erst mal vor und setzen ein klares Zeichen, das gerne auch mit einem Augenzwinkern betrachtet werden darf:
„...Widerstand ist zwecklos, wir sind für euch zu groß,
wir wollen nur euer Bestes, denn wir sind Skrupellos!...“
Noch Fragen? Ich finde sie cool! Und ich habe meinen ersten Ohrwurm, herzlichen Glückwunsch!
Gerade hatten wir den nach sich selbst benannten Titel, dann lasst uns doch direkt danach den Albumtiteltrack besprechen: „Monster in mir“ startet auf den ersten Blick wesentlich ruhiger als sein Vorgänger, wobei der Refrain auch nicht ruhig ist, aber der Song selbst irgendwie, jedenfalls teilweise. Wer hat es nicht, dieses Monster in sich? Die einen haben ein großes gefährliches Etwas, andere haben ein süßes kleines Plüschhäschen in sich schlummern. Hier geht es jedenfalls eher um die größere Variante, die sich des Lebens bereichert und dieses unter Kontrolle hat. Klingt gruselig?! Ist es irgendwie auch. Ängste und Depressionen, die dich innerlich zerfressen... Ja es ist heftig, und der ein oder andere hat sicherlich auch schon mal Erfahrungen damit gemacht, mal selbst betroffen, mal betroffen dadurch mit anzusehen, wie es seine Freunde zerfrisst. Heftiges Thema, wie ich finde und vor allem furchtbar ernst. Nur weil man eine Krankheit nicht sehen kann, heißt das nicht, dass es sie nicht gibt. Passt auf euch und eure Lieben auf und unterstützt sie – welches Monster sie auch immer in sich tragen mögen.
Also eines kann ich bei Skrupellos relativ sicher behaupten – Song-Intros können sie!
Zeit ist kostbar, das wissen wir alle. Wie sieht es denn bei euch so aus, sagt ihr auch immer recht schnell: Ich hab gerade „Keine Zeit“? Dann ist das euer Song! Ich bin eher so das Gegenteil, ich sag immer „Her damit!“. Aber jetzt mal ernsthaft, im Moment ist irgendwie gerade jeder tierisch gestresst, findet ihr nicht auch? Die einen chillen ihr Leben, denken nur an sich und sagen, sie hätten gerade keine Zeit, die anderen rennen wie ein kopfloses Huhn umher, wissen nicht wo sie anfangen und wo sie aufhören sollen und sagen das Selbe.
Ich will jetzt mal eines loswerden, Leute: fahrt euch alle mal runter und nehmt euch die Zeit. Zeit für euch, Zeit für eure Familie, Zeit für eure Freunde, ja – auch Zeit für die Arbeit ist möglich – auch ich nehme sie mir, sonst könntet ihr dieses Review gerade nicht lesen.
Musikalisch kommen hier zu Beginn direkt wieder die Gitarrenfreunde auf ihre Kosten. „Don Testosteron“ ist doch erst einmal sehr aussagekräftig. Ich habe direkt ein Bild vor meinem geistigen Auge – ein Mann wie ein Schrank, der nur so vor Männlichkeit strotzt. Ein Egomane, wenn man es so sagen will. Wenn sich ein Mann dann aber tatsächlich als „Don Testosteron“ bezeichnet, dann könnte ich ihn schon gar nicht mehr ernst nehmen. Ihr etwa? Ein gesundes Ego ist ja in Ordnung, aber ich kann es einfach nicht leiden, wenn Männer zu sehr von sich überzeugt sind. Irgendwie ist mir dieses Lied jetzt unsympathisch, wenn ich so drüber nachdenke. Toll! Wobei es ja eigentlich genau gegen diesen Mann singt. Ich sollte mich nicht mehr so ausführlich mit Songs beschäftigen.^^ Machen wir einfach weiter.
Bei „Alles ist möglich“ bleibt wieder viel Platz für Interpretationsfreiheit. Ach dieser Song startet sehr ruhig und im Vergleich zu den anderen Liedern bleibt er es dann auch – im Refrain wird es hier aber durch die Gitarren wieder etwas härter.
„...Alles ist möglich, was man sich denken kann,
die Unendlichkeit fängt gleich vor deiner Haustür an.
Wenn man sich wirklich anstrengt – und jetzt nicht erschrecken,
dann ist es sogar möglich, sich selbst am Arsch zu lecken!...“
Ähm ja, tut mir einen Gefallen und verletzt euch nicht beim Versuch.^^ Auch in diesem Song bekommt man wieder ein tolles Solo zu hören. Selbst ich mag es, wenn meine Ohren mal wieder dem Bass gehören, der auch toll klingt – für mich fliegen da immer Herzchen durch die Ohren.
Jetzt kommen wir zu dem mit Abstand längsten Song der Platte. Mit geschlagenen 7:00 Minuten haut dieser Track richtig rein. „Isolation“ bringt mich beim reinen Titellesen schon zum Lächeln, weil ich tatsächlich unwillkürlich an einen gleichnamigen Song der Band Jean.Luc denken muss – es geht einfach nicht anders. Grüße gehen raus an diese Jungs. Tatsächlich ist DIESER Song hier aber das KOMPLETTE Gegenteil. Er ist hart! Er ist auch leicht angsteinflößend, wenn ich das mal so sagen darf. Der Anfang ist ruhig, aber dann kommen direkt die harten Töne wieder dazu. Nach gut 1:20 Minuten erklingt dann auch endlich der Text. Ein heftiger, wenn ihr mich fragt. Es geht um einen – entschuldigt bitte meine Wortwahl – Spinner, der aufgrund seiner langen (selbstgewählten?!) Isolation durchdreht, sich eine Waffe bestellt, einfach mal einen Amoklauf veranstaltet und alle um sich herum abknallt. Ich sagte ja, leicht angsteinflößend. Ehrlicherweise wird das wohl kein Lieblingslied von mir werden.
Jetzt beginnen wir mal tieftönig, damit auch meine Ohren etwas davon haben. In „Heiß“ geht es jetzt nicht unbedingt um die Temperaturen, die draußen noch nicht herrschen, sondern eher um Situationen, die zu heiß werden – so interpretiere ich jedenfalls den Text. Musik lässt ja bekanntlich immer etwas Interpretationsfreiheit offen. Musikalisch ist an diesem Werk absolut nichts auszusetzen, es ist auch nicht zu kurz oder zu lang, es ist absolut in Ordnung. Guter Song – Daumen hoch!
Am 11.03.22 war Videopremiere von Track Nummer acht „Lauf weg“. Ein Song perfekt zum Feierabend... hier kann man ordentlich Dampf ablassen und vielleicht einfach irgendwas kaputt schlagen. Wie reagiert ihr euch am Ende eines stressigen Arbeitstages ab? Der Song ist bereits vor Albumrelease über alle gängigen Streamingportale erhältlich. Das Video dazu ist einfach, aber doch geil! Wie findet ihr den Song so? „...Lauf weg, solange du noch kannst!...“ - eine Aussage des Textes, die mir absolut im Kopf hängen bleibt. Willkommen in einer selbstzerstörerischen Welt.
Und schon sind wir beim letzten Lied des Albums angekommen: „Falsche Freunde“ ist ein gelungener Abschluss für ein Debütalbum. Doch sitze ich direkt bei den ersten gesungen Tönen da und denke mir „HÄ?! Das ist doch aber jetzt eine ganz andere Stimme“. Die Stimme ist, wie ich finde, heller als in den Liedern davor. Aber vielleicht bilde ich es mir auch nur ein, weil ich dieses Album gerade in Dauerschleife höre und sich gerne auch mal Halluzinationen einschleichen. Aber tatsächlich ist es ein und der selbe Sänger, nur das er sich durch viel Übung eben stimmlich auch gut verändern kann.
Ein Lied, dass sehr viel Wahrheit enthält, denn echte Freunde gibt es nur wenige - das musste sicher auch der ein oder andere von euch schon feststellen. Ein Lied, das absolut vom Leben erzählt und das sehr viele Menschen genau so wohl auch absolut unterschreiben würden.
Mein Fazit:
Das Album Monster in mir enthält zwar nur neun Songs, aber die haben es definitiv in sich. Mit im Durchschnitt 4:00 - 5:00 Minuten pro Song haben besonders musikliebende ihren Spaß an diesem Album, denn die Vorspiele und Soli haben es so richtig in sich. Hier wird die Musik richtig groß geschrieben.
Gut finde ich auch, das Gitarrist Kevin und Bassist Carsten, Frontmann Dennis mit ihren Backingvocals unterstützen- hört sich echt super an.
Für ein Debütalbum ist es schon ein ordentlichen Format, jedoch hat mir persönlich etwas der Spaß am Album gefehlt. Bei der Suche nach Partysongs ist man bei dieser Platte an der falschen Adresse. Es sind tatsächlich wirklich harte Musikstücke mit ernsten Texten – was es nicht zu einem schlechten Album macht, keineswegs. Wer auf düstere Musik steht ist hier absolut richtig. Jedoch hab ich es persönlich doch auch mal gerne mit Humor zu tun und mit guter Laune.
Ich habe die Vermutung, dass man sich in Zukunft tatsächlich mal über den Weg laufen könnte auf einem Festival. Ich jedenfalls kann jetzt mit dem Namen Skrupellos etwas anfangen und werde definitiv mal an der Bühne vorbeischauen und mich von den Live-Qualitäten überzeugen, die die Männer hier zu bieten haben.
Schau doch mal auf ihrer Facebookseite vorbei und überzeugt euch selbst mit den Einblicken, die euch die BAND hier zur Verfügung stellen.
Ich wünsche den Jungs viel Erfolg für die Zukunft, tolle Auftritte in einer hoffentlich bald wieder normalen Welt und vor allem Spaß an der Musik!
Auf einen tollen Neustart in einen normalen Konzertsommer!
Viel Erfolg und weitere Schaffenskraft für Skrupellos.
Vanny
AGF- RADIO