Erstellt von Perli am 17.05.2022

In Extremo – Kompass zur Sonne Tour am 13.05.2022 im Zenith in München

Dieses Jahr geht es Schlag auf Schlag! Erst Mittwoch waren wir in München, hatten einen Tag zur Regeneration und schon ging es Freitag wieder dorthin. Diesmal in das Zenith zu In Extremo, die so ziemlich genau zwei Jahre vorher ihr Album Kompass zur Sonne raus gebracht haben - genau im Hoch der ersten Coronazeit. Ich weiß noch, wie ich mir das Album damals rauf und runter angehört hatte, während ich mir mit einem Exit-Puzzle die Zeit totgeschlagen habe und dabei fast wahnsinnig geworden bin.

Die Anfahrt aus Nürnberg lief für einen Freitag zur Feierabendzeit wirklich hervorragend - kein Stau und direkt einen Parkplatz bekommen – wir haben uns das letzte Mal zu Herzen genommen und sind einfach direkt in das Parkhaus ein paar hundert Meter weiter gefahren.
Die Schlange am Eingang war zwar ewig lang, aber dafür waren wir dennoch innerhalb von zehn Minuten drinnen, zur Überraschung von uns allen. Hut ab für diesen reibungslosen Ablauf.

In der Halle angekommen, wurde kurz der Merch abgecheckt und Getränke geholt. Der wichtigste Punkt für heute war klar: einen Platz suchen, an dem ich diesmal auch die Bühne sehen konnte. Gesagt getan – wir standen relativ gut weit vorne, linksseitig der Bühne, ich hatte fast durchweg eine gute Sicht.

Um 19:30 Uhr ging es los mit den ersten Special Guests – Osaka Rising – einem Duo, von dem ich vorher ehrlicherweise noch nie etwas gehört habe. Auf der Bühne standen also ein Schlagzeuger und ein Keyborder, der auch den Gesang übernahm. Ich persönlich kann einem Keyboards alleine gar nicht so viel abgewinnen, aber ich war verblüfft, wie viel Hingabe dieser Mann in das Spielen seines Instruments gelegt hat. Ich selbst sehe ja lieber Gitarren und Bässe im Vordergrund der Bühne und die Keyboards lieber am Rande, aber das ist eben nur meine persönliche Meinung. Eine halbe Stunde war das jetzt eben mal etwas anderes.

Begeisterter war ich dann, als die very Special Guests Russkaja auf die Bühne kamen. Eine Band, die ich allerdings bisher auch nur vom Namen her kannte. Sieben Leute, die richtig Gas geben. Es hat Spaß gemacht, dieser Band zuzuschauen und ich weiß, dass ich sie mir in kürze auf einem Festival wieder ansehen werde, denn nun kann ich mit dem Namen auch etwas anfangen. Ich fand die richtig cool. Die Bandbesetzung ist, multikulturell und bei der Bandvorstellung musste ich meinen nicht vorhandenen Hut ziehen – Chapeau! Der Bassist kommt ursprünglich aus der Ukraine und aufgrund der aktuellen Situation gab es da eine wirklich tolle Ansage. Daumen hoch! Es gab tolle Mitsingpassagen und hängen geblieben sind die Songs „Traktor“ bei dem es einen Circle Pit gab, eine Coverversion von „Wake me up“ von Avicii und der letzte Song, der den Namen „Energia“ trug und als ausgezeichnetes Headbang - Training galt und für die nicht Metaller wenigstens eine Anleitung zum Haare schütteln war. Alles in allem ein sehr gelungener, absolut sympathischer Auftritt, der positiv in Erinnerung bleibt. Wir sehen uns definitiv wieder!

Um 21:30 Uhr war es dann endlich soweit, die Leute waren aufgewärmt und heiß auf In Extremo. Das Intro erklang und die Stimmung stieg direkt auf Anschlag. Mit Ende des Intros flog der Vorhang, der bisher die Bühne halbierte, herunter und wir bekamen endlich den Hauptact, auf den sich jeder so gefreut hat, zu sehen.

Sie starteten ihr Konzert mit dem Song „Troja“, der auch gleichzeitig der Opener des neuen Albums ist, also ein sehr passend gewählter Song. Nur leider konnte ich mich Null auf diesen Song konzentrieren, weil sich ein besoffener Typ mit seinem Kumpel direkt vor mich stellen musste, sodass meine Sicht dahin war. Ich sagte mehr als offensichtlich und laut, ob das jetzt wirklich sein erst wäre und er drehte sich zu mir um und fragte, was ich denn meine. Ich wies auf seine und meine Körpergröße und das er sich direkt, quasi Bauch an Arsch, vor mich stellte und ich so natürlich absolut gar nichts mehr sehen konnte. Hätte ich nicht machen sollen, denn diesen Vollpfosten wurde ich den Abend nicht mehr los, denn er kam dann immer wieder auf mich zu. Nachdem ich nach diesem kurzen Debakel endlich wieder was sehen konnte, spielten sie „Himmel und Hölle“ und zu unser aller Überraschung „Vollmond“, wobei wir uns mit großen Augen angesehen haben und uns gefragt haben „Jetzt schon?!“ aber gut. Ich fand jetzt schon zu Beginn die Mischung super zwischen alten, mittelalten und neuen Songs. Aufgrund von einer leichten Erkältung, und nein ich habe kein Corona, ist meine Stimme ohnehin schon etwas angeschlagen, dazu kam dann noch das Konzert am Mittwoch, bei dem ich mich auch schon verausgabt habe, habe ich mich bei diesem Konzert tatsächlich versucht, etwas mit singen zurückzunehmen und wenn ich es doch getan habe, dann habe ich mich selbst nicht gehört.^^ Es gibt Nummern, dann kann ich einfach nicht anders, und das betrifft tatsächlich vor allem die alten, muss ich gestehen. Das soll allerdings nicht heißen, dass ich die anderen nicht gut finde. „Spielmannsfluch“ wurde direkt hinterher geworfen, wobei ich auch diesen Klassiker eher etwas gen Ende vermutet hätte, beispielsweise als eine Zugabe. Bei der „Feuertaufe“ wurde es dann dank der Pyrotechnik das erste Mal richtig schön heiß, und mir wurde bewusst, wie nah wir diesmal tatsächlich an der Bühne dran waren. „Herr Mannelig“ hat mich dann ebenso wieder an alte Zeiten erinnert, v.a. wenn ich bedenke, wie lange ich tatsächlich schon In Extremo kenne und höre. Diese Band ist eine der Wenigen, die mich tatsächlich in meiner Kindheit und Jugend schon geprägt haben. Sie haben es sogar als einzige Band mit einem Patch auf meinen damaligen Schulrucksack geschafft und das muss was heißen.

Was auf einem jeden Konzert eigentlich nie fehlen darf, ist der Titletrack, wenn es denn einen gibt. Für diesen war natürlich jetzt der richtige Zeitpunkt. „Kompass zur Sonne“ durfte selbstverständlich nicht fehlen, aber, ich muss tatsächlich gestehen, vielleicht kam es auch nur mir so vor, dass bei den älteren Songs mehr und lauter vom Publikum mitgesungen wurde, als bei den neuen. Diesen Vergleich konnte ich vor allem ziehen, weil „Liam“ diesem gefolgt ist. Zumal dieser Song nicht auf Deutsch, sondern auf Gälisch, gesungen wurde. Ich vermute, dass keiner der Anwesenden auf diesem Konzert wusste, was und ob das, was er da gerade von sich gab, der richtige Text war, aber die Leute haben gesungen was das Zeug hielt.

Danach gab es eine kleine Ansage von Micha, der, obwohl er keine politischen Aussagen auf diesem Konzert treffen wollte, nicht drum herum kam, ein paar wenige Worte zu verlieren, woraufhin sie „Lieb Vaterland, magst ruhig sein“ spielten. Wenn ich jetzt so drüber nachdenke, überfällt mich tatsächlich eine Gänsehaut. Nach solch einem ruhigen Song kam dann das Kontrastprogramm aufgefahren, der mit einem lauten Knall begann: „Mein rasend Herz“! Nach dem kurzen Austoben kam dann aber doch nochmal kurz die Aufmerksamkeit zu dem derzeitigen Geschehen in dieser Welt, denn als nächstes folgte „Saigon und Bagdad“.

Danach war aber endgültig gut mit den ernsten Themen. Bei „Unsichtbar“ konnte ich nochmal kräftig mitsingen, denn das blieb mir bei „Gaukler“ verwehrt – nicht weil ich den Text nicht kannte – sondern weil ich von dem Bild, das sich mir bot, kurzzeitig sprachlos und überwältigt war. Dieses Händemeer, das sich mir aus meiner Sicht von der Seite her bot, war unglaublich. So ein wunderschönes Lied und dazu dieses Bild... das hat mich schlicht und ergreifend einfach mal sprachlos gemacht. Wow.
Während bei „Quid Pro Quo“ nochmal kräftig mitgesungen wurde, hat man bei „Poc Vecem“ direkt wieder einen kleinen nuschelnden Unterschied des Publikums gemerkt. Die fremde Sprache, die so gut wie niemand spricht, ist einfach tückisch. ABER: Sie gehört bei
In Extremo einfach dazu. Fleißiges auswendig lernen macht´s möglich. Jetzt kam der Moment für mich, mit dem ich nicht gerechnet hätte. Sie spielten „Schenk nochmal ein“ und ich war stumm. Ich hatte noch nie ein Problem damit, beispielsweise im Auto, dieses Lied mitzusingen, weil es trotz seines Hintergrundes wunderschön ist, aber hier vor Ort, live, habe ich kein Wort raus gebracht. Meine Gedanken waren bei jedem Wort einfach nur bei meiner Mama. Da war auch kein Kloß in meinem Hals, ich hab einfach nur kein Wort gesagt. Ich hab einfach nur die Augen geschlossen und zugehört. Ich hätte damit gerechnet, dass mir Tränen runter laufen, weil ich ja doch ein sehr emotionaler Mensch bin, aber nichts passierte. Ich war wie abwesend, als wäre ich gar nicht da. Ich kann mir nicht erklären, was in diesem Moment los war.

Wie als würde sich ein Schalter umlegen, holten sie mich mit „Frei zu sein“ wieder zurück ins Hier und Jetzt. Ich war wieder da. Sang mit, tanzte und tat, als wären die vergangenen fünf Minuten überhaupt nicht passiert. Vielleicht habe ich genau das gebraucht. Manchmal kann und will man sich Dinge einfach nicht genauer erklären. Und von da an sollte es auch so bleiben. Ein Ding nach dem anderen: erst „Störtebeker“, dann „Reiht euch ein ihr Lumpen“, meine Stimmung stieg, bis sie bei „Sängerkrieg“ völlig heraus brach. Ich rastete quasi komplett aus. Ich schrie mir meine eh schon nicht mehr vorhandene Stimme völlig aus dem Leib. Verdammt nochmal tat das gut! Herrlich. Genau das war es, was ich den ganzen Abend gebraucht habe. Ich spüre direkt wieder das Feuer, das während des Liedes abgefeuert wurde. Zu diesem Zeitpunkt würde ich jetzt gerne nochmal zurückspringen. Der Gipfel kam dann bei „Sternhagelvoll“. Eine in sich schunkelnde Masse an Menschen, alle die selben Zeilen singend, als hätten wir nie etwas anderes gemacht. Knoxi und ich grinsen und sangen uns gegenseitig an und ich wusste, mit diesem Mann würde ich mein ganzes Leben lang zusammen bleiben. Ein perfekter Moment an diesem Abend, ausgelöst durch ein Sauflied, das darf man eigentlich niemals Jemandem erzählen.

Der letzte Song des Abends sollte „Moonshiner“ sein. Eine wunderschöne ruhige Nummer, die sicherlich auch ein gutes Outro abgeben würde, aber damit hätte sich ja auch keiner zufrieden gegeben. Wer bitte würde In Extremo ohne eine Zugabe von der Bühne gehen lassen?! Ganz genau: Niemand! Also Leute, her mit der Zugabe!

Eröffnet wurde diese mit „Wind“ - ein gelungener Auftakt, wie ich finde, da dieser auch schon einmal der Opener eines Albums war. Also Schwung haben sie damit locker wieder rein gebracht. Und mit Michas klarer Ansage, sie wollten ein paar Gassenhauer für die Zugabe heraushauen, war es absolut getroffen. Ebenso mit „Ai Vis Lo Lop“, denn Leute, jetzt war der Zeitpunkt sich die Seele nochmal aus dem Leib zu tanzen. Hach ja, diese Sprache- göttlich. Nichts desto trotz ein absoluter Klassiker. Was dabei natürlich auch nicht fehlen durfte: Micha in den Zwischenspielen am Dudelsack und die dazu passende jubelnde Menge.

Kurz vor Ende kam dann die wunderschöne Ansage, dass die Band ja durch uns zu dem geworden ist, was sie heute sind und ein Dank an jeden Zuschauer ausgesprochen haben. Passend dazu lief dann „Nur ihr allein“. Also war nun nochmal ausrasten angesagt. Der dann wirklich letzte Song des Abends war dann „Pikse Palve“ und eben genau diese Worte, die von dem Publikum wie eine hypnotisch mitgesungen wurden. Ein genialer Abschluss, bei dem auch hier nochmal der gute Dudelsack an die Seite des letzten Einhorns kam. Was für ein Konzertabend.


Fazit:

Für mich war dieser Abend ein bisschen Flashback mäßig: ich habe In Extremo früher so oft gesehen, auf kleinen Shows, auf Burgen... doch jetzt in dieser wahnsinnig großen Halle, das war irgendwie nochmal was ganz anderes.
Diese Band hat etwas magisches, das es irgendwie geschafft hat, sich über so viele Jahre an mich zu binden und mir nie langweilig wurde. Diese Band geht halt einfach immer - in jeder Lebenslage! Und es darf irgendwie auch auf keiner guten Party fehlen.

Apropos fehlen: Mir hat tatsächlich etwas gefehlt, was mich jetzt im Nachhinein wirklich etwas traurig macht: der Song „Küss mich“.

Dann hab ich noch einen Punkt, für den die Band aber absolut gar nichts kann: der Typ, der mir direkt zu Anfang die Sicht versperrt hat, ist mir den ganzen Abend lang immer wieder auf den Geist gegangen. Als das Konzert vorbei war, lief er an mir vorbei, grinste mich an und haute mir auf den Arsch. Mir blieb nur der Mund offen stehen, und bevor ich überhaupt irgendwie reagieren konnte, tat das schon Knoxi. Nun riss ich auch noch meine Augen weit auf, denn mein Mann ging auf ihn los, schubste ihn von mir weg und wies ihn zurecht. Ich wusste gar nicht was ich sagen sollte. Eigentlich ist er immer und überall entspannt, aber da ist ihm offensichtlich (zu Recht) die Hutschnur geplatzt.

Liebe Männer, auch wenn ihr was trinkt und euch vielleicht nicht mehr 100%ig im Griff habt... lasst bitte die Frauen in Ruhe! Und wenn sie euch nicht anlächelt und von euch weg geht, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass sie tatsächlich kein Interesse hat. Wir Frauen sind kein Fleisch und auch ganz sicher keine Lustobjekte, die man einfach mal so antatschen darf.

Genug gemeckert: ich danke der Band für dieses wunderbare Konzert und diesen tollen und gelungenen Abend. Bis zum nächsten Mal!

 

Ein In Extremo, der wird niemals knien!
&
Ihr seid verehrt und angespien!
Vanny
AGF- RADIO