Erstellt von Perli am 22.06.2022
Unherz - Sinnkrise / VÖ: 08.07.2022 via Massacre Records
Heute heiße ich euch unherzlich Willkommen... für mich gehört die Band Unherz schon einige Jahre in mein Musikrepertoire. Und für diejenigen, die sie vielleicht noch nicht so genau kennen: die Deutschrock- / Metalband aus Rheinland-Pfalz, treibt jetzt schon seit 2008 ihr Unwesen und bringt mit Sinnkrise ihr bereits 9. (!) Studioalbum auf die Welt. Halleluja, kein schlechter Schnitt: 14 Jahre – 9 Alben, also das muss erst einmal Jemand nachmachen. Diese vier Herren stecken soviel Herzblut in ihre Musik, das spürt man bei hören förmlich.
Wieso aber dann aber Unherz? Auch da gibt es eine ganz einfache Erklärung: UNbeugsam im HERZen vereint! Sehr philosophisch, wie ich finde.
Das neue Album ist während der Coronazeit entstanden, was vielleicht auch ein bisschen die Erklärung für den Titel ist. Dieses Virus hat uns alle etwas gebeutelt, zugegeben. Es gibt z.B. auch genug Bands, die sich in den vergangenen zwei Jahren aufgelöst haben, Unherz aber haben die Zeit genutzt, um mit Sinnkrise ein Album zu erschaffen, das einem zeigt, dass Krisen zum Leben dazugehören. Hattet ihr auch schon einmal das Gefühl, am Ende zu sein, nicht mehr zu können, keine Kraft mehr zu haben?
Dann kann euch dieses Album vielleicht helfen, den ganzen Scheiß zu überwinden und wieder Kraft zu finden. Denn, Leute aufgeben ist keine Option!
Das Album ist erhältlich als Digipak, limitierte Vinyl oder als limitierte Box mit CD, Schweißband, Flagge und Autogrammkarte.
Bandbesetzung:
Schlagzeug – Matthias Heylmann
Gesang/ Gitarre – Felix Orschel
Gitarre – Andy Arnold
Bass – Benny Daniel
Tracklist:
- Löwenherz
- Steck den Kopf nicht in den Sand
- Ich falle
- Finde deine Flügel
- Sinnkrise
- Als gäbe es kein Morgen mehr
- Auch Engel können fallen
- Gib nie auf
- Gewinner, die immer nur verlieren
- Es ist an der Zeit
- Ich lebe
- Der letzte Vorhang
Direkt der erste Song „Löwenherz“ hat es so richtig knallermäßig in sich, wie ich finde. Absolut mein Geschmack. Bereits als zweite Single wurde er schon am 7. April diesen Jahres veröffentlicht. Dementsprechend ist dieses Lied auch schon in meinen Adern verfestigt. Es ist im Hirn, es steckt in den Beinen, es bewegt meinen Arsch, es schüttelt sogar meine Haare – es ist einfach verdammt nochmal da! Und er geht so verdammt scheiße geil ab! Dieses Lied steht bei mir aktuell ganz weit oben im Kurs und ich hoffe euch geht es ähnlich. Absoluter Ohrwurm, der bei mir rauf und runter läuft! Schnell, laut, knackig und mit Hintergrund! Na, wer findet den Song genauso stark wie ich?
Wir bleiben bei den Singles und feiern „Steck den Kopf nicht in den Sand“. Der Frischling war nun die vierte und letzte Vorveröffentlichung für die Platte. Aber auch diesen habe ich in absolut kürzester Zeit inhaliert. Musikalisch ist er mir mal wieder ein inneres Blumenpflücken. Die Drums, die Gitarre, mein geliebter Bass. Ist das schön! Und der Text ist auch großes Kino:
„...Steck den Kopf nicht in den Sand, es geht schon weiter.
Irgendwie, irgendwo, irgendwann, Hauptsache weiter.
Reicht dir das Wasser bis zum Hals, dann wasch dich rein.
Nimm Anlauf und spring kopfüber hinein!...“
Für mich ein absoluter Steh-Auf-Song. Und doch, im selben Song dann diesen ruhigen Gegenpol zu finden... Unglaublich gut! Wenn ich pfeifen könnte, dann würde ich´s tun - aber ich kann´s nicht.
Es ist schon eine gefühlte Ewigkeit her, dass „Ich falle“ veröffentlicht wurde. Dies war schon Ende Februar und somit kam es mir jetzt kurzzeitig vor das ich mich fragen musste: „Hö, das ist doch gar kein neuer Song“ - ja doch, ist er. Er ist jedenfalls auf diesem Album, also ist er schon neu. Nur das mir meine Gedanken einfach wieder einen Streich spielen, weil er schon so vertraut ist über die Monate. Lange Rede kurzer Sinn. Dieses Lied startet super ruhig mit wunderschönem Gitarrenspiel. Dann geht es nach und nach richtig los. Die Strophen sind relativ ruhig und der Refrain dann wieder etwas sportlicher. Ein Interessantes Zusammenspiel. Dazu gesellt sich der Text, der sehr schön in dieses Lied hineinpasst. Man muss ihn sich wie ein Geflecht vorstellen → Text und Musik, die ineinander verflochten sind: „...Ich falle, falle, falle, doch ich steh immer wieder, steh immer auf!...“.
So deprimierend, wie er auch erst zu sein scheint, genauso viel Mut gibt er auch. Klasse Song.
Nach den ersten drei Singles, die sich sicher auch schon in eure Ohren gefressen haben, möchte ich euch nun nicht mehr länger auf die Folter spannen. Der nächste Song heißt „Finde deine Flügel“ und ist nicht weniger schön, wie seine Vorgänger.
„...Finde deine Flügel, fliege hoch Hinaus.
Lass alles hinter dir, verlass dein Schneckenhaus.
Finde deinen Weg, die Kraft trägst du in dir.
Geh ihn Schritt für Schritt, sei deiner eigener Passagier!...“
Der Text in den Strophen ist wieder ein wenig deprimierend, aber umso aussagekräftiger finde ich dann eben wieder den Refrain, in dem so viel Kraft steckt. Dafür liebe ich Unherz. Texte, die dir zeigen, dass du nicht alleine bist, dass es anderen Menschen genauso geht. Und wisst ihr was am schönsten ist: die Mitsingpassagen à la „Ohohohoh“. Irgendwie hat mir das in letzter Zeit etwas gefehlt, oder es fällt mir hier eben ganz besonders auf. Ich weiß auch nicht.
Wir haben in diesem Album wieder einen Titeltrack. Oh wie sehr ich so etwas mag. „Sinnkrise“ geht ins Ohr und bleibt dort auch. Dieser Song ist so unsagbar stark, nicht wie man vielleicht von dem Track erwarten würde. Denn eigentlich erklärt er einem mehr, diese zu überwinden und versucht aufzuzeigen, wie schön es sein kann, wenn man diese übersteht. Und hier haben wir es dann schwarz auf weiß: „...Doch aufzugeben, ist keine Option...“ - so stark. Dieser Song lullt mich tatsächlich ein und er ist so unsagbar real. Man schließt die Augen und fühlt diesen Song. Dieser Kampf gegen eben die Sinnkrise. Klasse Lied! I love it!
Wir bleiben bei den ruhigen Klängen. Wie sieht es bei euch so aus... Lebt ihr euer Leben so wie andere es gerne hätten? Baut ihr auch eine wunderschöne Fassade auf, um den anderen zu gefallen? Nein? Dann ist dieser Song was für euch!
„...Lebe jeden Tag, als ob’s dein letzter wär, Lebe jede Nacht, als gäb’s kein Morgen mehr. ...“
Auch wieder ein sehr schöner Song verpackt in relativ ruhige, aber doch für die Band typische Klänge. „Als gäbe es kein Morgen mehr“ ist gleichzeitig der längste Song der Platte, aber er kommt einem nicht langwierig, oder gar langweilig vor. Er ist super! Und musikalisch steigert er sich sehr schön, wie bei einer guten Geschichte mit Spannungsbogen. Daumen hoch.
Diese leicht deprimierende Stimmung zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album – eine Sinnkrise eben. „Auch Engel können fallen“ ist auch wieder ein sehr ruhiger Song. Dieses Lied werde ich vermutlich öfters hören, wenn ich wirklich traurig bin. Aber nicht, um mich noch weiter rein zu stürzen,... auch nicht wirklich um mich aufzubauen.... Einfach um alles um mich herum einfach mal auf mich wirken zu lassen. Diesem Lied einfach lauschen, denn es hat etwas beruhigendes. Die beruhigende Stimme von Felix, gepaart mit der Gitarre. Ich könnte diesem Song stundenlang einfach nur zuhören. Ich habe mich grade ertappt, wie ich rüber zu meiner alten Gitarre schielte. Und glaubt mir – das mache ich extrem selten, da ich dieses Instrument quasi ad acta gelegt habe. Aber grade eben habe ich mich damit einfach mal selbst überrascht. Versprecht mir, es später mal auf euch wirken zu lassen.
Das nächste Lied startet dann musikalisch wieder etwas beschwingter, wobei der Text in der bekannten Richtung bleibt. Aber: motivierend! Niemals aufgeben, niemals aufhören, sich niemals selbst im Stich lassen! Dieses Lied hat für mich etwas berauschendes! „...Gib alles, nur nicht auf!...“ So wahr, so schön. Im Übrigen ist „Gib nie auf“ der kürzeste Titel auf diesem Album. Wobei, mit 4:26 Min ist er immer noch länger als der deutsche Durchschnitt, um das mal so auszudrücken. Ich tanze noch eine Runde hier auf dem Sofa herum, dann kann es gleich weiter gehen.
Der nächste Song hätte genauso gut ein Self-titelt-Track werden können. Denn es geht um Unherz. Aber nein, er trägt den Titel „Gewinner, die immer nur verlieren“. Wieso das? Ich lehne mich jetzt vielleicht etwas aus dem Fenster, aber ich behaupte jetzt, die Jungs machen sich hier schlechter, als sie sind. Unter anderem bezeichnen sie sich selbst als „Schmeißfliegen der Branche“ - wo ich persönlich allerdings schon mal dagegen spreche, weil ich da ganz andere Bands kenne, die ich eher als diese bezeichnen würde. Zum anderen wird aber auch klar gemacht, dass sie ihren Traum leben, und diese Band lieben. Eine Zeile hat mich ganz besonders zum schmunzeln gebracht: „...Lieber Opener- Slot als im Proberaum zu krepieren...“. Ich finde alleine diese Aussage, macht die Band für mich wieder ein Stück sympathischer, denn es gibt andere, die sich tierisch aufregen über frühe Spielzeiten und so was eben nicht würdigen. Jeder hat das Recht, sich darüber seine eigenen Gedanken zu machen. Diese Band hier jedenfalls, nimmt auch solche Gigs dankend an und alleine das macht sie für mich zu etwas Besonderem.
Als nächstes kommt uns wieder eine Single entgegen geflattert. „Es ist an der Zeit“ hat bereits am 19. Mai das Licht der Welt erblickt, und er hat mich zum Schlucken gebracht. Als ich ihn das erste Mal hörte, ebenso wie jetzt auch noch. Allein die Story, die dahinter steckt: Ein sehr junger, gefallener Soldat... Gerade in dieser Zeit jetzt finde ich, sollte dieser Song mal angehört werden. Dazu kommt, die unsagbar warme Stimme von Richard Alexander Jung (ehemals The Busters) dazu, ebenso wie der weibliche Gegenpart von Jessica Conte (Glanzmomente). Diese Kombination der Dreien und der Text des Liedes selbst, geben einem den Rest. Einmal Gänsehaut bitte. F**k War! Dieser scheiß muss aufhören!!
Langsam nähern wir uns dem Ende. Bevor es in den Strophen von „Ich lebe“ wieder ruhiger wird, wird sich in dem Songintro erst einmal ausgetobt. Kennt ihr den Spruch „Und nach mir die Sintflut“? Genau daran musste ich denken, als ich diesen Song das erste mal gehört habe. Wisst ihr, es ist wohl am einfachsten dieses Lied mit einer kleinen Textstelle zu erläutern:
„...Gegen die Strömung ist selten leicht.
Leicht ist für Schwache mit schwachem Geist.
Ich lebe mein Leben, hab lange gebraucht,
das Leben zu schätzen, bevor es verraucht....“
Manchmal sagt eine kleine Textstelle mehr über ein Lied aus, als ich es könnte. Und ich finde diese Textstelle sehr passend. Lebt euer eigenes Leben Leute, und zwar so, wie ihr es wollt und wie ihr euch wohl fühlt. Lebt!
Zum Abschluss lassen wir den Vorhang herunterfallen. Stellt es euch meinetwegen bildlich vor. Der Interpretationsfreiheit für dieses Lied stehen alle Türen offen. Aber gerade deswegen finde ich, ist „Der letzte Vorhang“ ein gelungenes Ende. Dieses Lied muss man auf sich wirken lassen. Denn was man als letzten Vorhang ansieht, ist hier wirklich breit gefächert. Auch ich mache mir dazu meine eigenen Gedanken, denn hier wird es kein richtig oder falsch geben. Musikalisch gibt der Song durchaus nochmal Gas, und lässt das Album nicht gerade ruhig enden, aber das muss ja auch nicht immer sein. Wir lassen nach diesem Song einfach gemütlich den Vorhang herunter und lassen alle in ihrer eigenen Gedankenwelt zurück.
Mein Fazit:
Huiiiii, das war viel zum verarbeiten. Sinnkrise ist ein Album, welches man nicht einfach mal so durchlaufen lässt, es regt definitiv zum Nachdenken an. Den Albumtitel kann man durchaus absolut wörtlich nehmen, denn es beschäftigt sich durchgängig damit.
Ein absolut roter Faden, der sich durch das ganze Album zieht. Einem Faden, dem man problemlos folgen kann und immer beim Thema bleibt: aus einer Sinnkrise wieder heraus zu kommen.
Oft erscheinen die Lieder auf den ersten Blick etwas depressiv, aber sie sind ultra tiefsinnig. Krisen gehören zum Leben dazu, wichtig ist aber, dass man wieder raus kommt, dass man die Kraft findet, weiter zu machen. Dieses Album soll dabei helfen, auch Tiefschläge zu verarbeiten.
Ich persönlich finde, dass dies gelungen ist. Ich muss gestehen, ich mag das Album. Allerdings muss ich auch sagen: ich brauch jetzt erst mal wieder etwas anderes und würde mir das auch wieder für die nächste Platte wünschen. Dieses Album ist ein absolutes Konzeptalbum, bei dem man sagen muss: zu 100% getroffen.
Zieht euch schon mal die vier Singles rein und bestellt euch die Sinnkrise vor. Vor allem, wenn es bei euch nicht immer nur um Partylieder gehen muss - dann seid ihr hier bei Unherz absolut richtig.
Und jetzt:
steckt den Kopf nicht in den Sand,
es geht schon weiter!
Vanny
AGF- RADIO