Erstellt von Perli am 02.09.2022

Vogelfrey – Titanium / VÖ: 16.09.2022 via Metalville

Immer wieder schön, auch mal andere Genres abzugrasen, als nur meine „Kernkompetenzen“ Deutschrock und Metal!

Heute krame ich für euch mal im Mittelalter Schatzkistchen nach und an der Angel hängt: Vogelfrey! Ganz feine Sache! Diese Band kenne ich schon seit ein paar Jahren, denn sie waren schon einige Male Act auf der Walpurgisnacht meiner Heimatstadt und es hat immer Spaß gemacht, ihnen zuzuhören. Und wer ein bisschen was für Mittelalterrock übrig hat, ist jetzt in diesem Review also genau richtig.
 

Vogelfrey ist eine 6- köpfige Mannschaft aus Hamburg und nach nun starken 18 Jahren Bandbestehen kommt jetzt das sechste Studioalbum mit dem passenden Namen Titanium auf den Markt.

Wie so oft gibt es mehrere Möglichkeiten das Album zu ergattern: entweder als einfache Digipak CD, oder die limitierte Box mit Trinkhorn + -halter, der Titanium CD und der Folksnah EP mit ihren Klassikern in akustischem Gewand. Ich kann jedem nur zweiteres sehr ans Herz legen, ihr werdet es nicht bereuen.

Bandbesetzung:
Gesang – Jannik Schmidt
(außerdem: Rauschpfeife, Bouzouki, Gitarre)
Schlagzeug –
Dominik Christiansen
Bass – Christopher Plünnecke
Gitarre – Dennis Walkusch
Violine – Alexander Suck
Cello – Johanna Heesch


Tracklist:

01. Flammenvogel
02. Stahlhammer
03. Nicht A
04. Nie wieder Met
05. Legenden
06. Gott gegen Gott
07. Sawney Bean
08. Samael Hilf
09. 1000 Jahre Bier
10. Unsterblich


Den Opener des Albums stellt hier kein klassisches Intro da. Nein, es wird gar keine Zeit verschwendet, denn Zeit ist wertvoll.

„… Aus Asche geboren, zur Sonne gewandt, entsteigen wir unser´m Grab.

Mit feurigen Schwingen, die Erde entflammt, entfachen wir den neuen Tag....“


In „Flammenvogel“ wird absolut nicht lang gefackelt. Direkt nach den ersten Worten geht es hier vorwärts und ich habe instand verdammt gute Laune! Eine mega gute Melodie holt mich sofort ab und nimmt mich mit zu einem Tänzchen zu Violine und Cello. Ich persönlich finde das richtig cool, da meine ersten Erfahrungen mit der Musik aus dem Mittelalterrock-Bereich kamen. Und wenn man es so nennen möchte, kitzelt es einfach alte Erinnerungen wach, die ich definitiv mit positiven Vibes in Verbindung bringe. Für mich ist direkt dieser erste Song ein Ohrwurm und der erste Eindruck sitzt perfekt. Mitsing- Garantie ist absolut gegeben.

 

Es geht hämmernd weiter. Einfach mal keinen Stopp einlegen – finde ich gut! Auch bei diesem Song kann ich meinen Hintern nicht still sitzen lassen. „Stahlhammer“ ist ein passender Song, bei dem man ganz getrost seine Haare öffnen und nach Herzenslust schütteln kann. Nackentraining, wie andere Bands das so schön sagen würden. „...Ich will, ich kann und ich werde. ...“ - wenn Lieder eine Textzeile haben, die sich mit sofortiger Wirkung einbrennt, dann sind es gute Lieder - darauf könnt ihr euch verlassen!

 

Und auch der nächste Song schiebt musikalisch einfach beharrlich weiter nach vorne. I like die Tröte. „Nicht A“ ist ein ultra witziger und auch etwas ironischer Track, der bei mir definitiv einen Platz in der Playlist finden wird. Es geht um das heutige Bild auf dem Mittelaltermarkt, welches sich so der Welt bietet. Manche Sachen sieht man da eben und denkt sich „Das ist nicht A“. Wichtig ist doch, dass die Dinge, die dort geboten werden, authentisch sind, oder?! Für mich spielt das tatsächlich sogar eine große Rolle. Umso authentischer, umso besser. Ich feier diesen Song und sehe mich da schon mit jemanden einhaken und herum hüpfen. Einfach mal austoben.

Nie wieder Met“  ist schnell, donnernd und mitreißend. Stellt euch mal ein Leben ohne Met vor... ich möchte das nicht! Ein Riff ist hier besser als das andere und wer jetzt noch still sitzen bleibt, dem kann auch nicht mehr geholfen werden!


Es hat den Anschein, dass es anschließend erstmals etwas ruhiger wird – zumindest zum Anfang – aber irgendwie doch nicht so wirklich. Für mich weckt „Legenden“ sofort das Bild im Kopf, mich bei meinem Nebenmann einhaken zu müssen und zu schunkeln – ein sehr melodisches Lied. Besingt in einer geselligen Runde einfach mal eure Helden/ eure Legenden. Hebt eure Krüge, meinetwegen auch Gläser oder Becher, und wenn ihr alles richtig macht, dann werdet selbst Legenden. Vogelfrey haben auf jeden Fall das Zeug dazu, selbst Legenden zu werden.

 

Die Halbzeit ist rum und es geht es mit „Gott gegen Gott“ weiter. Düster und absolut für mich auf den Punkt getroffen. Das Zusammenspiel von Bass und Cello ist hier der absolute Knaller. Musikalisch mein absolutes Highlight auf dieser Platte. Sau geil. Für mich ist es hier echt schwierig andere Worte zu finden, weil meine Ohren so auf den Tieftöner konzentriert sind. Absoluter Kracher, ich liebe es. Die Stimmung hochgradig auf den Text abgestimmt. Einmal Weltuntergang bitte. Boah, heftig. Aber sowas von abartig grandios geil! Bei mir bildet sich spätestens in der Mitte des Songs eine Gänsehaut die ihres Gleichen sucht, da braucht es außer die Worte des Titels auch einfach nichts anderes. Der Hammer!

 

Jetzt kommt der Zeitpunkt, um etwas runter zu kommen. Musikalisch wird es ruhig, wenn man gerade zu Beginn nur die Gitarre hört, bevor später auch die anderen Instrumente dazu kommen. Nur ist dieser Song aber allgemein anders, als die anderen. Denn „Sawney Bean“ hat nicht nur einen englischen Namen. Der komplette Text ist in englisch. Ich war etwas überrascht, als mir diese ersten Klänge entgegen sprangen. Aber nachdem ich mir den Text dann angehört habe und mit aufgerissenen Augen auf dem Sofa saß, musste ich erst einmal Dr. Google befragen... und bin jetzt über den schottischen Kannibalen und seine Familie absolut informiert. Warum also nicht auch mal etwas Geschichte einbringen?! Wie es mit Mythen und Legenden so ist, weiß man natürlich auch hier nichts genaues. Aber dieses Lied ist einfach mal etwas anderes. Hört es euch dann bei Erscheinen einfach mal an, es schadet nicht.

 

Kommen wir wieder zurück zu den bekannten Tönen. Flott und beschwingt geht es in den Song „Samael Hilf“ über. Wer sich schon einmal ein bisschen mit Mythologien beschäftigt hat, dem ist der Name Samael vielleicht bekannt. Der einst gefallene Erzengel, wird auch als Gift Gottes bezeichnet. Mit anderen Worten ein Dämon, von mir aus kann man ihn auch als Satan bezeichnen, jeder wie er möchte. Hier in diesem Titel wird eben Samael beschworen und um Hilfe gebeten. Ob das nun gut oder schlecht ist, lasse ich euch gerne offen, ihr sollt ja auch selbst gespannt das Album hören und interpretieren dürfen.

 

Kommen wir nun zu den wirklich wichtigen Dingen im Leben: „1000 Jahre Bier“! Eine Ode an den heiligen Tropfen. Musikalisch auch hier wieder total geil, aber ich habe auch ehrlich gesagt nichts anderes erwartet. Die Musik wird hier dem Text angepasst und absolut stimmig gemeistert. Wer gut aufpasst, dem fällt hier eine neue Stimme auf, die niemand geringerem gehört als Mr. Hurley von Mr. Hurley und die Pulveraffen. Passt dazu, wie die Faust aufs Auge. Schüttelt eure Haare, bewegt euren Arsch und holt euch ein Glas kühles Bier und genießt einfach mal den Song. Für mich hat sich für jetzt jedenfalls absolut erfolgreich ein Ohrwurm eingepflanzt – supi. Warum nicht auch mal ein Cover einbringen?! Genau das ist der Song nämlich! Das Original stammt hierbei von Deichkind, aber ich persönlich muss gestehen, dass mir diese Version hier sogar wesentlich besser gefällt, was aber eben auch am Genre liegt.

 

Der offiziell letzte Song auf dem Album ist nun wieder ruhiger. Er läutet irgendwie auch das Ende ein. „Unsterblich“ bringt ruhige Töne und bildet ein würdiges Finale. Schöne Klänge die absolut stimmig zum Text daherkommen. Augenmerk wird hierbei auf die Streicher gelegt, die ihre Sache absolut imposant zu Ende bringen. Wirklich schön anzuhören.

 

Ich könnte mir vorstellen, dass einige nun traurig sind, dass Titanium nun schon sein Ende gefunden hat. Aber bei der limitierten Box wartet an dieser Stelle ja dann noch die EP Folksnah auf euch. Nochmal sechs Songs, die einem zwar bereits bekannt sind, aber hier in einem neuen Gewand präsentiert werden.
 

Die kurze Scheibe beginnt mit dem Song „Legenden“ - zuvor noch in einer etwas brachialeren Version gehört, nun nochmal in einer klein wenig anderen Version: komplett akustisch, wie auch die reslichen Songs der EP. Und auch hier kommt wieder ein neues Stimmchen hinzu: Jan Hegenberg - sicherlich kennt der ein oder andere den Namen bereits – ich teaser nur kurz „Die Horde rennt“ an. Toll – und schon habe ich den nächsten Ohrwurm, phantastisch.
 

Weiter geht’s mit „Ära des Stahls“ und „Lindwurm Massaker“ – auch hier wieder mehr auf die akustischen Klänge reduziert, aber deshalb nicht weniger toll.
 

Was ich persönlich dann aber absolut geil finde, ist diese Variante von „Schuld ist nur der Met“ - total genial. Anders, aber doch mega. Ich finde ja von Song zu Song ist hier eine Steigerung zu finden.

Denn als nächstes kommt „Heldentod“ und das klingt einfach unglaublich gut. Im Vergleich zum normalen Song natürlich etwas ruhiger, aber trotzdem genial.

 

Den Abschluss von Folksnah bildet nun „Walhalla“ und zwar mit Piano. Diese Variante jagt mir sofort eine extreme Gänsehaut auf den Pelz. Halleluja, was für ein Abschluss. Das Lied ist ja so schon der Hammer, aber hier mag ich den Song gleich nochmal mehr.


Mein Fazit:

Es war mal richtig erfrischend, wieder einmal was zu hören, was nicht dem klassischen Deutschrock angehört. Mittelalterrock war meine Jugend und somit auch ein bisschen meine Wurzeln. Dementsprechend schlägt mein Herz bei Titanium auch laut mit.

Dieses Album ist absolut klasse und bekommt von mir die Note 1: ein gelungenes Komplettpaket, mit Haare schütteln, Tanzpassagen, schunkeln und kräftig mitgrölen. Richtig gut.
 

Ich freue mich jetzt schon auf die nächste Möglichkeit, Vogelfrey wieder live zu sehen. Ich empfehle sie und vor allem auch dieses Album jedem, der etwas für Mittelalter übrig hat – es ist wirklich spitze! So viele richtig tolle Songs und einige Ohrwürmer dabei, die man wirklich genießen kann. Mein musikalischer Favorit ist immer noch „Gott gegen Gott“, wobei er mit den rein textlichen Favoriten „Flammenvogel“ und „Nicht A“ absolut eine Linie bildet. Ihr merkt, die Entscheidung ist da wirklich schwierig. Sagen wir also, das gesamte Album ist einfach absolut gelungen.

Wer sich auch für Mittelalter interessiert,
ist hier absolut richtig!

Vanny
AGF- RADIO