Erstellt von Perli am 22.09.2022

Knorkator - Sieg der Vernunft / VÖ: 07.10.2022 via Metalville

Mit dem jetzigen Auftrag bekomme ich mal wieder einen absoluten Flaschback ins Jahr 2008. Da hatte ich nämlich das letzte Mal das Vergnügen, auf Knorkator zu treffen. Ich habe direkt ein Lächeln im Gesicht und verbinde hiermit nur gute Gedanken.

Die Band hat bereits 28 Jahre auf dem Buckel und bringt nun ihr zehntes Studioalbum auf den Markt. Und die Berliner Musiker haben eines immer noch nicht verloren, ihren Humor, der sie so unheimlich sympathisch macht.
Auf
Sieg der Vernunft warten elf neue Songs auf euch, die ihr in voller Knorkator-Manier genießen könnt.

Bandbesetzung:
Gitarre: Buzz Dee
Gesang: Stumpen
Bass: Rajko Gohlke
Keyboard/Gesang: Alf Ator
Schlagzeug: Philipp Schwab


Tracklist:

01. Die Welt wird nie wieder so, wie sie vorher war
02. Sieg der Vernunft
03. Der Hofstaat
04. Ihr habt gewonnen
05. One way or another
06. Milliardäre
07. Tut uns leid
08. Es lebe der Tod
09. Menschenfleisch
10. Knurrkater
11. Augen zu


Das Album beginnt, wie ich es mir vorgestellt habe, nämlich nicht so, wie man es erwarten würde. Der erste Song (zweite Singleauskopplung) mit dem elendig langem Titel „Die Welt wird nie wieder so, wie sie vorher war“ beginnt elektronisch. Und dann wird gekloppt, was das Zeug hält. Ich liebe diesen knorkatortypischen Sound – die Band ist eigen, was aber keinesfalls abwertend gemeint ist.

Willkommen beim heutigen Titeltrack „Sieg der Vernunft“! Musikalisch gibt es auch hier wieder einen Daumen nach oben: harte Gitarrenklänge, die mir bei dieser Band so vertraut sind. Der Gesang bildet wie so oft eine Art Kontrastprogramm, diese hohe Stimme ist, wie ich finde, schon sehr einmalig. Riesigen Respekt dafür, lieber Stumpen- immer wieder großes Kino. Worum geht es in diesem Song so allgemein? Sagen wir es ganz klassisch: Rache, Vernichtung, Töten! Da kann man froh sein, wenn eben die Vernunft siegt...

Knorkator schlägt bei diesem Album wieder mal auf die Politik ein, aber nicht ohne den typischen Witz der Band. „Der Hofstaat“ deutet dies auch auf ihre satirische Art deutlich an. Die Köpenicker lassen sich eben den Mund nicht verbieten.

...Wir sind der Hofstaat. Wir wissen wie man lebt. Wir sind Europa. Freunde seiner Majestät. ...“
 

Der Gitarren-Keyboard-Mix im Solo klingt nach absoluter Spitzenklasse - es ist halt auch einfach immer das Zusammenspiel, welches einen Song dann perfekt macht.

Die Nummer „Ihr habt gewonnen“ ist ein eher vergleichsweise ruhiger Song. Wenn ich mich zurücklehne und die Augen schließe, schleicht sich sogar eine kleine Gänsehaut über meine Arme. Aber trotzdem catcht mich persönlicher diese Nummer nicht so richtig.

Vom ruhigen wieder weg ist „One way or another“ in mehrerer Hinsicht ein Kontrastprogramm. Zum einen ist der Song, wie der Name schon verrät in englisch, zum anderen handelt es sich hier um ein Cover von Blondie, welches jeder spätestens bei der ersten gesungenen Zeile erkennen wird. Dementsprechend ist der Song auch etwas flotter, als sein Vorgänger und ich habe mal wieder ganz gekonnt einen Ohrwurm, der mich jetzt nicht mehr los lassen will. Immer wieder schön.

Als nächstes kommen wir zur ersten Single dieser Platte: „Milliardäre“ tastet sich düster und rockig an den Hörer heran. Spitzzüngig und mit aufgestellten Hörnern stampfen Knorkator los und streuen Salz in die Wunden. Hier wird auf ein gesellschaftliches Problem aufmerksam gemacht:

...Die Welt braucht keine Milliardäre! Stellt euch vor, wie schön es ohne euch wäre.
Empathie und Vernunft, statt Raffgier und Beschiss. Frische Luft, grüne Wälder, saubere Meere....“

 

Der Reichtum auf dieser Erde ist einfach nur ungleichmäßig verteilt, da gibt es auch für mich nicht viel zu diskutieren. Das ist Fakt und die derzeitige Situation mit Inflation, Nahrungsmittelpreisen, Strom, Gas- und Ölpreisen macht es gerade einfach nicht besser. Starker Song und ein klasse Statement, wie ich finde!

Es geht in der selben Stimmung weiter: hart, aber herzlich. Jede Sau denkt immer nur an sich und dieses Problem ist real und unmöglich. „Nach mir die Sintflut“ - dieses Denken kotzt mich an. Und wie immer schaffen es die Herren, dieses Thema irgendwie zu verpacken, dass es die Chance hat, einfach mal bei allen im Hirn anzukommen. Zieht euch „Es tut uns leid“ einfach mal rein. Und wenn jeder mal selbst darüber nachdenkt, wäre der Welt schon geholfen. Ein Song für die Nachwelt.

 

„Es lebe der Tod“ startet ruhig und steigert sich bis zu einem perfekten, dunklen, musikalischen Zusammenspiel. Manchmal braucht es nicht viel, um einen guten Song zu schaffen. Wobei ich diesen Track hier schon öfters über mich hinweg fließen lassen musste, bis ich ihn textlich tatsächlich auch etwas genießen konnte.

Kommen wir zu dem Lied, auf das ich die ganze Zeit beim Hören gewartet habe: eine Nummer, bei der ich mich frage: „Was zum Teufel...?!?!“... Gute 1:30 Minuten düdelt das Lied ganz gemütlich vor sich hin, dann eine weitere Minute etwas härter, mit mehr oder weniger interessanten Soundeffekten und dann kommt bei 2:46 Minuten einfach nur „Menschenfleisch“ gegrölt. Kurz darauf findet das Lied ein Ende. Das nenne ich lyrisch wertvolle Musik - ich lach mich schief. WHAT THE ****?! Genau auf so etwas habe ich gewartet.

Nun kommen wir zu einem Song der mir persönlich sehr, sehr gut gefällt, weil er einfach so ist, wie ich diese Band kennen und lieben gelernt habe: „Knurrkater“. Er startet böse und brutal und wird dann zwischendrin immer wieder mit Schnurreinlagen geschmückt, die irgendwie auch sehr beruhigend auf mich wirken. Ich bin halt ein Katzenmensch. Textlich warten wir dieses Mal aber komplett vergebens, was für mich aber überhaupt nicht schlimm ist, da ich mir durchaus auch gerne Geschnurre anhöre. Im übrigen finde ich dieses Gemisch aus „gut“ und „böse“ echt toll.

Das Finale steht an: „Augen zu“ ist der letzte und gleichzeitig auch längste Song auf dem Album. Ich würde behaupten er bringt sein eigenes, ruhiges, einminütiges Intro mit. Aber kennt ihr das, wenn man sich manchmal fragt, „Was will mir dieses Lied jetzt damit sagen?!“?! So ging es mir hier und ich bin mir absolut nicht sicher, ob ich wirklich weiß, was es mir sagen soll. Ich sitze hier und höre einfach nur dieses Lied an - einmal, zweimal, mehrmals. Und ich überlege immer noch. Und es wird wohl auch noch ein bisschen dauern – so lange werde ich diesen Song wohl einfach noch weiter auf mich wirken lassen. Er ist auf jeden Fall ein absolut ruhiger Abschluss für dieses Albums. Und ganz offensichtlich nach seinen beiden Vorgängern nochmal etwas zum nachgrübeln. Es kann so vieles bedeuten...


Fazit:

Sieg der Vernunft ist ein tolles Album! Knorkator haben ihren Charme auch nach so vielen Jahren noch nicht verloren, sie sind immer noch knorke - ganz wie früher. Und doch irgendwie anders Denn auch sie haben sich weiterentwickelt.

Der Biss ist kräftiger geworden und sie erzeugen Lieder, die zum einen top aktuell sind und zum anderen aber auch noch nach etlichen Jahren gehört und verstanden werden können.
Humor darf für ein solches Album natürlich auch nicht fehlen und mein Beruhigungs-Highlight des „Knurrkaters“ macht sowieso alles rund. Ebenso wie ich diesen Song, der einfach so verdammt viel aussagt - „Menschenfleisch“ so herzlich lachend genießen konnte.


Aber es gab auch wahnsinnig gute lyrische Lieder, jetzt mal ohne Scherze. Das Gemisch aus Ernsthaftigkeit und Witz ist sehr ausgewogen und gut getroffen. Alles in allem ein solides, gutes Album. Ich kann jetzt schon sagen, dass sich das ein oder andere Lied definitiv in meiner Autoplaylist wiederfinden wird.

Knorkator geht einfach immer und ich bin froh, dass es sie auch nach so vielen Jahren immer noch gibt.

 

Auf dass dies noch lange so weitergeht.
Behaltet euren Witz und eure Spitzzüngigkeit!

Vanny
AGF- RADIO