Erstellt von Perli am 23.09.2022

Herbst – Ein letzter Abend / VÖ: 16.09.2022 via Träumer und Helden

Herbst – passend zur hereinbrechenden Jahreszeit legen wir euch heute die gleichnamige Band zu Herzen.
Die Jungs aus Berlin sind nun mit ihrem Debütalbum
Ein letzter Abend an den Start gegangen und Alex und ich (Vanny) haben uns mal in dieses gute Stück hineingehört. Ich selbst habe die Band bereits im Juni kennenlernen dürfen, als sie mit Engst auf der Schöne neue Sommer – Tour waren, und war damals schon begeistert. 

Interessant ist dabei vielleicht dann auch zu erwähnen, dass niemand geringeres als Matthias Engst an dem Songwriting beteiligt ist. Das erklärt mir dann auch, wieso mir die Texte und der Stil relativ vertraut vorkommen.

 

Bandbesetzung:

Bass – Mark Rötz
Gesang – Olli Klimpel
Gitarre – Rilo Messer
Schlagzeug – Steffen Böhm


Tracklist:

01. Die Leere in mir
02. Märchenschloss
03. Verloren
04. Lieber allein
05. Genug
06. Es ist okay
07. Ein letzter Abend
08. Scheinwerferlicht
09. Wie weit
10. Egal


Drücken wir also den Abzug und setzten den Startschuss. „Die Leere in mir“ ist für mich persönlich ein passender Song für den Anfang. Er hat zwar nicht direkt ein klassisches Intro in sich, ist aber weder zu lahm noch zu derbe. Er ist genau richtig. Man merkt schon hier, wohin die Richtung dieses Albums gehen soll. Die liebe Liebe... sie wird heute nicht zum letzten mal Thema bleiben - aber stark ist der Song nichts desto trotz.

Zu „Märchenschloss“ ändert sich in der Strophe die Gesangsart und geht eher in den Rap, als in den Rock und man merkt deutlich den Unterschied zum Refrain. Dieser Song war mir schon im Sommer vom Konzert hängen geblieben, weil er irgendwie besonders ist - irgendwie anders. Auch wenn dieses Lied das Kürzeste auf dem Album ist, ist es für mich gleichzeitig auch das Stärkste – und auf jeden Fall (m)ein Ohrwurm schlechthin. Es hat sich einfach in mein Hirn gefressen.

...Unser Märchenschloss ist die Gosse - hier fliegen Fäuste und harte Worte.
Wir hatten niemals die Qual, wir hatten niemals die Wahl. Geboren im Moloch - Ja, hier ist jeder der Gott. ...“

Dieses Gemisch aus der Musik, dem Text und den beiden unterschiedlichen Stilen... Genau das ist es!

Nach der Textzeile “...Geh mit mir dahin, wo ich zum Träumen bin, wo all die Sorgen ganz weit weg sind, weil ich bei dir bin...” ist mir direkt klar, in welche Richtung der Song „Verloren“ geht. Musikalisch auch hier wieder absolut einprägsam und eingängig, jedoch denke ich zu viel über den Text nach. Verloren... worin? In der Liebe? Zwischen Leben und Tod? Man kann sich in so vielem verlieren und ja, eigentlich ist der Text eindeutig, aber irgendwie auch nicht. Vielleicht versuche ich aber auch wieder etwas zwischen den Zeilen zu lesen, was gar nicht da ist? Ich bin gespannt, wie ihr das seht!

Es geht ruhig weiter. Auch bei „Lieber allein“ verrät mir der Titel direkt alles, was ich wissen muss . Gescheiterte Beziehungen kennen wir alle, oder?! Es gibt Menschen, die sind einfach nur Gift für uns und wir sollten sie besser loswerden. Leider merken wir das aber immer erst recht spät. Aber besser spät als nie. Und auch ich habe mir schon einmal gedacht: „...Da bleib ich lieber allein...“.

Wovon könnte man wohl „Genug“ haben? Ich muss an dieser Stelle echt anfangen zu lachen, denn da ich ja in einer glücklichen Beziehung bin, kann ich mich tatsächlich gerade im Moment nicht so in diese Songs hinein versetzen, wie ich es mir für das Review vielleicht gerade wünschen würde. Aber das ist ja auch nicht immer zwingend nötig, denn die Songs sind ja trotzdem allesamt sehr schön anzuhören. Und manchmal muss man Texte nicht unbedingt immer zu 100% nachvollziehen. Man sollte sie einfach genießen können und das mache ich.

Und somit werfe ich den Ball mal zu Alex, um mal mit einem zweiten Ohr in dieses Album zu hören.

Mit „Es ist okay“ kommt anschließend ein Song, mit einem sehr schwierigen Thema. Beziehungen sind nicht immer das gelbe vom Ei - und oft wissen beide Seiten, dass es eigentlich nicht passt. Doch ist das schon ein Grund alles zu beenden? Wieder zurück zum allein sein gehen? Bevor einer den anderen verletzt, sagt man lieber nichts und macht weiter wie zuvor.

„Ein letzter Abend“ ist ein Track, der auf mehrere Arten für sich selbst interpretiert werden kann. Auf jeden Fall geht es um den Verlust eines Menschen, den man geliebt hat. Und die Reaktion darauf ist doch die Gleiche. Ein schwermütiger, aber doch treibender Song, bei dem man nicht weiß, ob man in Tränen aufgelöst zur Flasche greifen oder die Trauer einfach nur heraus schreien möchte.

Sehnsucht ist das Stichwort für das nun folgende Stück. Jeder hat eine Passion, eine Leidenschaft oder eine Sache, für die man brennt. Welche das ist, muss jeder für sich selbst herausfinden. Schonungslos, ja fast schon brutal, wird hier jedoch erzählt, dass das „Scheinwerferlicht“ hier nicht immer brennt und der Absturz danach manchmal auch sehr verletzend sein kann.

„Wie weit“ kann eine toxische Beziehung gehen? Auf brachiale Art und Weise zeigt die vorletzte Nummer, wie abgefahren es zugehen kann. Ein fast schon teuflisch gutes Lied, wie ich finde, welches viele Leute sich doch mehr zu Herzen nehmen sollten.

Passenderweise kommt im letzten Song der verbal gezogene Schlussstrich.
„Egal“ ist die Zusammenfassung allen Elends, welches zu diesem Punkt geführt hat und die daraus resultierende Konsequenz. Bis zum Ende bleibt dieses Album musikalisch seiner harten Linie treu und beendet alles mit dem Satz, der nach all dem mentalen Terror das Ganze auf den Punkt bringt: „...Du bist für niemanden hier wichtig!...“


Fazit Vanny:

Musikalisch finde ich Ein letzter Abend schon super und auch abwechslungsreich, dennoch muss ich direkt zu Beginn meines Fazits etwas meckern. Der Themenkatalog hätte doch gewiss auch durchaus andere Möglichkeiten gehabt, so dass es etwas breiter gefächert wäre.

Ich muss zugeben, mir persönlich ist es zu viel Liebe und Leiden – zumindest rein Textlich gesehen. Mir selbst ist es einfach etwas too much, fast schon, als wäre es Album für Singles.
Es hat aber trotzdem Spaß gemacht hier durch zu hören.

Für die nächsten Alben wünsche ich mir also textlich etwas mehr Abwechslung. Mein Favorit ist und bleibt definitiv „Märchenschloss“.

Fazit Alex:
Herbst haben hier ein Album geschaffen, welches thematisch doch eher etwas negativ angehaucht ist. Ich persönlich denke, dass man die Scheibe daher nicht unbedingt in allen Lebenslagen hören kann und wird. Aber vermutlich gerade in den schweren Tagen?
In jedem Fall ist das Album der Beweis, dass auch etablierte Bands sich mit schweren Themen befassen und daraus ordentliche Musik machen können. Musikalisch ist es jedenfalls ein Brett und man kann hier spielend mit einigen größeren Metalalben mithalten. Und gerade deswegen zeigt es mit seinem brachialen Sound, wie man es doch durch die eigene Krise schaffen kann.

 

Musik hört man mit dem Herzen, nicht nur mit den Ohren!

Alex & Vanny
AGF- RADIO