Erstellt von Perli am 30.11.2023

Morgenrot – Gedankenspiel(e) / VÖ 19.04.2024 via Burnout Records

Wenn eine Band – in diesem Falle Morgenrot – explizit danach fragen, ob ich das Review zum kommenden Album schreiben kann/ darf, dann komme ich dieser Bitte natürlich nach!

22 Jahre gibt es die Band nun schon, wobei ich selbst sie tatsächlich erst seit 2014 kenne.

Ihr neues Baby wird auf den schönen Namen Gedankenspiel(e) hören und zwölf brandneue Songs beinhalten. Ehrlicher und richtig melodischer Deutschrock, der uns dazu einlädt, alle Sorgen mal Sorgen sein zu lassen und einfach den Kopf auszuschalten. Genau so, wie ich es mag.

Im übrigen könnt ihr euch bald schon auf das erste Musikvideo freuen, welches (wieder) niemand geringeres als unser Saubaazi gedreht hat. Bevor wir aber bewegte Bilder genießen können, könnt ihr jetzt schon einmal meine Worte zu den Songs genießen.

 

Bandbesetzung:
Geige – Katha
Bass – Hannes
Gitarre – Broiler
Gesang – Steffen

Gitarre – Thomas
Schlagzeug – Atze


Tracklist:

  1. Lebe
  2. Solang du folgst
  3. Es gab eine Zeit
  4. Heute oder Morgen
  5. Der einfache Weg
  6. Mein Verlies
  7. Frei wie der Wind
  8. Wär heute lieber gestern
  9. Trinken spielen
  10. Mein Werk
  11. An die Engel
  12. Hinterm Horizont

Gleich der erste Song macht, wie ich finde, absolut Bock und stapelt direkt mal hoch... Vollgas!

Musikalisch hat er durchaus schon in den ersten Tönen Wiedererkennungswert, wenn man denn die Band schon kennt. Spätestens wenn Riemers (Steffen) Stimme einsetzt, kickt es dich erstmalig und zumindest meine Freude ist gleich mal riesig. „Lebe“ setzt sich direkt auch wirklich ganz weit oben auf meine Lieblingssong-Liste, weil er einfach genial ist – musikalisch, wie auch textlich.

... Lebe lieber ungewöhnlich, so wie im Paradies,lieber wie ein König und ein bisschen fies.

Lebe lieber Hier und Jetzt, lieber vor dem Tod. Das Leben hat kein Rettungsboot!...“
 

Alleine der Refrain hat mich direkt gefesselt und sich extrem tief bei mir rein gefressen. Dieser Song verschafft mir einfach extrem gute Laune, er ist so lebensbejahend und macht richtig derbe Spaß. Für mich ganz, ganz hoch im Kurs. Leider ist er aber mit 3.03 Minuten auch der kürzeste Song vom Album.

 

Ein Lied direkt beim „ersten Mal hören“ mitsingen zu können ist wohl sehr ungewöhnlich. Bei Nummer zwei liegt es aber einfach daran, dass ich es nicht zum ersten Mal gehört habe, sondern zum gefühlt hundertsten Mal. Wie das? Ganz einfach: es handelt sich um „Solang du folgst“, dem Song, der es auch auf unseren 15 Jahre AGF- RADIO Sampler geschafft hat. Alle, die also im Besitz dieser Doppel CD sind, wissen, wovon die Rede ist. Mehr verrate ich an dieser Stelle auch nicht weiter, aber: Herzchen gehen raus!

 

Fröhlich trommelnd geht es weiter mit „Es gab eine Zeit“. Rockige Gitarrensounds in typischer Morgenrot- Manier. Im übrigen ist dieses Lied auch eine kleine Hymne für die Band selbst, die für mich, auf gar keinen Fall, JEMALS, auf einem Konzert fehlen darf. Versteht ihr nicht? Lasst es mich mit folgendem Zitat erklären:

...Es gab eine Zeit, bevor wir zu euch kamen, doch es gibt keine Zeit, in der wir nicht mehr sind.

Es gab eine Zeit, ohne unseren Namen und es gibt eine Zeit, wo wir für immer sind!...“
 

Für Fans dieser Band, sind diese Worte nun aber wirklich selbsterklärend – ohne Morgenrot geht es eben nicht. Dieser Song hat ein richtig geiles Solo, was unbedingt erwähnt werden muss. Freut euch drauf.

 

Nun wird es richtig melodisch. Melodisch und vergleichbar etwas ruhiger – jedenfalls für die erste Strophe. Ein Text, der recht tiefgründig ist und mich etwas zum Nachdenken anregt. Nicht sonderlich melancholisch oder ähnliches, aber er schwirrt mir schon sehr im Kopf rum. Es geht um „Heute oder Morgen“, ein Lied, welches sich mit dem Leben befasst. Und so sehr ich hier auch über den Text nachdenken mag, die Musik lässt meinen Hintern wackeln, was das Zeug hält. Außerdem finde ich die Tröte (?) im Solo so genial, dass mir der Rest plötzlich völlig egal ist. Dieses Werk ist einfach überzeugend.

 

Viele Wege führen nach Rom...

Ihr kennt das: es gibt den richtigen Weg, oder den einfachen... Schwierig und unbequem? Puh, dafür haben die wenigsten den Biss, geschweige denn den Mumm. So jedenfalls interpretiere ich „Der einfache Weg“. Ich hätte auch gerne oft den einfachen Weg genommen, ich hab ihn oft genug gesucht. Aber genauso oft habe ich auch festgestellt, dass ich ihn nicht gehen kann, denn es ist/ war nicht mein Weg. „... Der einfache Weg wird immer gesucht, doch der einfache Weg ist nur die bessere Flucht!...“ - wie Recht sie haben! Und mal ganz vom Hammer-Text abgesehen: musikalisch ist diese Nummer aber auch ein Brett. ein richtig gutes Zusammenspiel eben.

 

Nun kommen wir zum längsten Werk der Platte. Es beginnt sehr ruhig und wird erst im zweiten Teil wieder härter. „Mein Verlies“ lässt direkt zu Beginn all meine Depressionsglocken laut klingeln. Der Song erscheint mir düster und er spiegelt richtig gut, was in einem Menschen so vorgehen kann, wie es in manchen von uns aussieht. Er jagt mir eine Gänsehaut über den Körper.

Die Beschreibungen sind so detailliert, dass es Nichtbetroffene dennoch etwas nachvollziehen können. Man sitzt in seinem eigenen Verlies, aus dem man alleine nicht raus kommt. Wer sich hier wieder findet, dem muss ich wahrscheinlich überhaupt gar nichts erzählen und auch deren Angehörigen und engsten Vertrauten nicht. Mir fehlen absolut die Worte. Ich wusste nicht, was ich bei diesem Titel erwartet hatte, aber ich war überrascht. Nichts desto trotz ist es ein richtig guter Song.

 

Aber nun weg von dieser Stimmung und zurück zur guten Laune. „Frei wie der Wind“ holt mich direkt zu Beginn des Songs wieder ab. Im Prinzip das komplette Gegenteil vom Vorgänger. Ich sehe mich schon vor der Bühne rumhüpfen und tanzen. Rockige Gitarrenriffs umschmeicheln unsere Ohren. Wer nicht singen will, kann im „oh-oh-oh“ verweilen. Wer nicht tanzen will, der pogt eben. Für mich ein weiterer klarer Favorit auf dieser ohnehin richtig guten Platte. I like – nein – I love it!

 

Weiter geht’s mit „Wär heute lieber gestern“. Vor allem der Refrain lässt mich schmunzeln, weil er ja ach so tiefgründig ist.

Hände hoch: wer mag das Wochenende? Hättet ihr auch gerne einen Tag mehr, oder zwei, oder drei? Dann seid ihr bei diesem Lied genau richtig und könnt es zu eurer persönlichen Hymne machen. Party, feiern, saufen!

 

*WhatsAppton erklingt* – Vanny: guckt auf ihr Handy. Moin Atze...“ Aaaahhhhh, Sprachnachricht als Songintro – das kennen wir doch irgendwoher (Ist übrigens wieder eine sehr lustige Sprachnachricht). Kennt ihr noch „Traue keinem, der nix trinkt“? Perfekt, denn daran knüpft „Trinken spielen“ direkt an. Er packt dich unterm Arm und schunkelt mit dir. Im übrigen erwartet euch hier ein ganz heftiger Ohrwurm, den ich persönlich genial finde. Und aus irgend einem unerklärlichen Grund bekomme ich Durst … wie wär´'s jetzt mit einem Trinkspiel?! ... oooouuuuu, Festival wäre doch jetzt auch richtig toll! „... Erste Runde trinken, zweite Runde...“ – minutenlang geht das so weiter, bis sich irgendwann „Traue keinem, der nix trinkt“ einmischt. Himmel, was ein Hirnchaos. Im übrigen kommt auch hier wieder meine heiß begehrte Tröte zum Einsatz, die ich immer noch genauso feiere.

 

Um mich wieder wach zu rütteln setzt der nächste Song genau richtig ein. Vollgas in die Fresse – absolut in die richtige Richtung. Der Gesang fängt an und ich... stutze... interessant. Allein hier zeigt sich wieder, dass Riemer eine total facettenreiche Stimme hat. Er passt sich den Monstern an, die in „Mein Werk“ regieren. Musikalisch von vorne bis hinten richtig richtig stark. Ich würde sogar sagen, alleine vom musikalischen her, gefällt mir persönlich dieses Werk am aller Besten. Wahnsinn. Von den Gitarren, über den Bass bis hin zum Schlagzeug – riesen großes Kino.
 

...In diesen Mauern steckt ein Stück der Leidenschaft, in diesen Mauern steckt mein Werk, das Leiden schafft!

In diesen Mauern kannst du diese Schreie hören, das Schlimme daran ist, dass sie nämlich dir gehören!...“

Mega – einfach mega – von der ersten bis zur letzten Sekunde. Sowas von stimmig, ich finde gar keine anderen Worte, was schon fast peinlich für mich ist, aber doch auch umso mehr zeigt, wie verdammt gut dieser Song ist! Chapeau!

Der erste Ton erklingt und über meinem kompletten Körper breitet sich eine fette Gänsehaut aus. Scheiße, ich ahne, was jetzt kommt. Und die erste Zeile bestätigt meine Vermutungen. Oh oh – Flashback.

Bei den Engeln“ lässt bereits im Titel erahnen, um was es gehen könnte. Aber der Titel muss ja nicht immer gleich was über die Handlung preisgeben. Hier liegt man dann aber wohl richtig. Das Lied ist ruhig im Vergleich zum Rest vom neuen Album.

Ich habe leider schon viel zu oft Menschen gehen lassen müssen, die noch nicht so weit waren. Das letzte Mal, erst diesen Sommer. Der wirklich wunderschöne Gesang, gepaart mit der Musik, gibt mir nun den Rest. Die Tränen laufen nur so meine Wangen herunter. Und dann die Violine noch dazu... Mein kleines Katerchen kommt zu mir gestapft, weil er merkt „Mama ist traurig“, er stößt mich mit seinem Köpfchen an und es ist endgültig vorbei. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich dieses Lied gehört und wie lange ich geweint habe, aber irgendwie bin ich auch zu folgenden Zeilen gekommen: Danke für diese wunderschöne Nummer! Danke für die zarten Töne und die vorsichtigen Worte, die aussprechen, was passiert und zurückbleibt. Das habt ihr richtig gut gemacht!

Auch der letzte Track beginnt ruhig, wird aber zu meiner Freude recht schnell wieder härter. Das Schlimme an der Geschichte von „Hinterm Horizont“ ist allerdings, dass es sich grundsätzlich mit dem selben Thema befasst, wie der Song zuvor. Jedoch lässt es sich, jedenfalls für mich, einfacher aufnehmen, weil es musikalisch ganz anders verpackt ist: laut, hart und schnell. Es rundet das ganze einfach ab. Es verarbeitet das Geschehene und blickt nach vorne. Wir werden uns wiedersehen, wir werden wieder vereint sein – dieser Gedanke gefällt mir. Aber mit dem Thema wird auch jeder anders umgehen. Ich jedenfalls bin da voll bei der Band, denn es beruhigt mich und lässt mich damit klar kommen, wenn ich weiß, dass wir uns alle wieder sehen!


Mein Fazit:

Was soll ich sagen? Ihr habt sicher beim lesen schon gemerkt, dass ich nichts auszusetzen habe und das neue Werk von Morgenrot richtig gut finde. Ich spreche es aber auch nochmal ganz konkret aus: es ist GENIAL!

Gedankenpiel(e) ist von Anfang bis Ende nahezu perfekt. Es ist mit sämtlichen Themen breit gefächert, facettenreich und durchdacht.

Ich würde sogar fast behaupten, es ist ein Konzeptalbum mit einem roten Faden. Sämtliche Gedankenspiele sind hier verpackt: vom Leben, zum Sterben, vom Wochenende zum Trinken – Dunkelheit, Depressionen – es ist alles dabei. Und wie verdammt gut abgestimmt. Meine Güte... richtig, richtig großes Kino.

Bisher war mein Lieblingsalbum der Band Im Bann der Zeit, aber da kommt so ein „Gedankenspiel(e)“ vorbei gehoppelt und schubst einfach mit Vollgas die Platte vom Thron und macht es sich oben auf dem Treppchen bequem.

Meine Lieblingssongs kann ich nach langen überlegen auch küren: Mein Werk“, „Lebe“ und „Frei wie der Wind“ – auch wenn das nicht leicht war.

Ich kann mit voller Überzeugung sagen: dieses Werk ist wirklich ein Top Album und reiht sich bei mir weit oben unter den Top Alben des Jahres 2023, auch wenn es erst jetzt im April offiziell releast wird, ein. Starkes Stück Leute, starkes Stück.

Vielen Dank, dass ich vorab bereits in dieses Baby rein hören durfte. Es war mir eine Ehre.

Mit Punkteverteilungen bin ich vorsichtig, aber das sind steinharte 9 von 10 Punkten!

 

Vanny
AGF- RADIO