Erstellt von Perli am 24.07.2019

Rock am Stück 18.- 20-07.2019 in Fritzlar

DAS Metalfestival für Familien

Nach vielen Jahren des Beobachtens und Verfolgen war es nun auch für mich endlich soweit, einmal das „Miniwacken“ besuchen zu können. Am Donnerstag ging es relativ spät aus Prag, wo ich vorher beim Rammstein Konzert war, los Richtung Hessen.
Leider verzögerte sich die Anreise soweit, dass ich und meine Mitstreiter erst um kurz nach 1:30 Uhr da sein konnten. Somit war der Tag gelaufen und es blieb nichts weiter übrig als nur noch schnell das Zelt aufzubauen und dann den Matratzenhorchdienst an zu treten.

Der Freitag begann relativ chillig für mich, nach dem Aufstehen mussten meine Leute noch einmal kurz in die Stadt um ein paar Besorgungen zu tätigen, das gab mir etwas Zeit, mich mit den Nachbarn anzufreunden. So verging die Zeit wie im Flug und als meine Companions wieder da waren, war es höchste Zeit endlich vor die Bühne zu gehen. Gerade noch rechtzeitig, um uns
BRDigung ansehen zu können. Und wir alle staunten erstmal nicht schlecht, von weitem sah man schon, dass das Festgelände nicht sehr groß ist, aber als wir dann drauf standen, merkten wir es erst richtig wie niedlich, fast schon winzig, es war. Das soll jetzt auf gar keinen Fall abwertend gemeint sein, ganz im Gegenteil, es machte das Ganze sehr sympathisch. Und als wir so in die Runde blickten, sahen wir vor der Bühne auch verhältnismäßig viele Kinder herumtanzen. Das sorgte bei mir bereits schon zu diesem Zeitpunkt für so ein familiäres Gefühl, dass ich mich jetzt da schon in das Rock am Stück verliebt hatte. Nichtsdestotrotz waren wir ja wegen BRDigung nach vorne gegangen und so richtete sich die Aufmerksamkeit wieder auf die Band. Sie spielten ihr gewohntes Programm aus teilweise ernsten aber eher doch ironisch gut gelaunten Songs und versüßten uns so den frühen Nachmittag mit jeder Menge Spaß und guter Laune. Nach dem Auftritt ging es auf eine kleinere Inspektionsrunde über den Campingplatz, wo auch gleich das Highlight erspäht wurde: auf einem der Plätze gab es ein Frühstücks/ Partyzelt bei dem es tatsächlich Slusheis gab. Als dann die erste Runde geordert war (natürlich mit Alkohol versteht sich) fühlten wir uns sprichwörtlich dem siebten Himmel nahe. Das Leben kann doch so schön sein, gäbe es nur überall Slusheis. Gut gelaunt ging es weiter und wir fanden noch einige weitere Kuriositäten sowie lustige Zeitgenossen. Irgendwann ging es aber auch wieder Richtung Bühne, natürlich nicht ohne noch einen Wegslushi mit zu nehmen, um pünktlich zum Start von Ost + Front da zu sein, was glücklicherweise auch gelang. Wir sahen wie gebannt das folgende Schauspiel der Band, die sich ja bekanntlich im Bereich der Neuen deutschen Härte zu Hause fühlt. Ihre Musik ist düster, behandelt teilweise die tiefsten Abgründe oder Perversionen der Menschheit, dazu eine eigene fast schon abstrakte Art der Bühnenshow, was wie alles andere einfach Geschmackssache ist. Aber für mich ergibt alles zusammen eine äußerst eigene Mischung, die auf ihre Weise absolut überragend und durchaus auch in der Lage ist, für ein Staunen zu sorgen. Diese Band ist mittlerweile zu recht eine der großen Vertreter dieser Szene und ist definitiv immer eine Reise wert. Im Anschluss mussten wir gar nicht weit laufen für das nächste Highlight, denn auf der Nebenbühne spielten Leidbild und heizten dem kleineren Kreis mit ihrem Deutschrock gehörig ein. Überragend, wie sie es halt können, sorgten sie für einen gelungen Auftritt, mit dem ein oder anderen Hingucker. Nicht zuletzt als Sänger Chris beim letzten Lied  von außen auf die Verkleidung der Bühne kletterte, um den Rest aus einiger Höhe vor zu tragen.
Wir zogen uns danach zu unseren Zelten zurück und chillten die folgenden Stunden noch etwas, bevor es pünktlich zum Höhepunkt des Abends wieder nach vorne ging. Denn Headliner an diesem Freitag niemand geringeres als Kapitän Alexx Wesselsky und seine Mannschaft, auch bekannt als
Eisbrecher. Derzeit auf Kurs mit ihrem 15 Jahre Eiskalt- Programm folgte eine bunte Mischung aus aktuellen Songs und Klassikern, die jedem unter die Haut gehen. Eben ein kleiner Ritt durch die Geschichte der Band, bei dem absolut jeder auf seine Kosten kam. Zudem sorgten sie obendrein noch mit ihrem letzten Song für einen weiteren Höhepunkt. Dieser war für mich vollkommen überraschend aber umso erfreulicher ihn endlich einmal live erleben zu dürfen, der „Herzdieb“. Untermalt wurde das Ganze noch mit einem dazu abgestimmten Feuerwerk, welches oberhalb der Bühne am Himmel zu sehen war. Ein fast schon malerisches Bild, welches ich in der Form noch nie erleben durfte- einfach magisch. Im Anschluss folgten noch, quasi als Ausputzer, Live Tioz, um mit ihrem Onkelzcover auch das letzte Fünkchen Energie aus den Leuten heraus zu kitzeln. Doch an dieser Stelle ließen wir die Onkelz die Onkelz und ging zurück zu unserem Quell der Freude: zum Slushistand, wo wir bis tief in die Nacht versackten.

Am nächsten Morgen gab es keine Zeit, um groß auszuschlafen. Das erste große Highlight erwartete und schon um 12:00 Uhr. Also gab es nur einen logischen Plan: Aufstehen, einen Reperaturslushi holen (ihr glaubt gar nicht wie gut die Dinger gegen leichte Morgenbeschwerden helfen können) und ab vor die Bühne. Wir schafften es tatsächlich pünktlich, um einen der besonders raren Auftritte der Band Loudstark genießen zu können. Und genießen ist auch genau der richtige Ausdruck dafür, denn es war schlicht und einfach ein Hochgenuss, diese Band auf der Bühne erleben zu können. Ihr aktuelles Album Das Eine gilt in Kennerkreisen als Meilenstein der Deutschrockszene und das können sie auch sehr überragend auf die Bühne bringen. Qualitativ sehr hochwertig aber extrem viel zu unbekannt ist diese Band eine Perle unserer Szene, die wirklich ihres gleichen sucht. Wenn ihr die Chance habt diese Jungs zu sehen, dann nehmt sie definitiv wahr, sie sind eure Aufmerksamkeit absolut wert! Anschließend ging es für uns jedoch wieder zurück zum Camp, wir waren zwar aufnahmefähig aber noch nicht wirklich ganz bei Kräften, weshalb wir uns ersteinmal noch in den Ruhemodus versetzten. Pünktlich bei Null Positiv standen wir jedoch wieder vor der Bühne, denn bereits im Vorfeld hatte es uns die Band um Frontfrau Elli Berlin sehr angetan und so war an der Zeit, sich davon zu überzeugen, ob die Musiker auch wirklich so gut sind, wie es die Songs sowie dutzende Fotos in den Medien anpreisen. Wir wurden definitiv nicht enttäuscht. Die Band weiß musikalisch auf der Bühne von sich zu überzeugen und bietet obendrein eine absolut großartige Bühnenshow, die mit Reizen alles andere als geizig ist. Starr gebannt standen wir da und nahmen staunend alles von Anfang bis zum Ende in uns auf. Nach dieser für uns durchaus geglückten Premiere sahen wir uns allerdings leider gezwungen, zurück auf den Zeltplatz zu marschieren, der ein oder andere Durchhänger machte sich nämlich immer noch bemerkbar und so zogen wir halt für's Erste wieder von dannen. Was zum Glücksfall für uns wurde, denn so entgingen wir dem plötzlich einsetzenden Starkregen. Die nächsten Stunden verbrachten wir also im Zelt bei einigen Kartenspielen bis es Zeit war, die Tageshöhepunkte zu sehen. Ersterer davon waren die vier Himmelsrichtungen, die gerade mitten in ihrem Jubiläumsjahr sind. Hämatom enterten die Bühne und verwandelten das Festival im Handumdrehen in einen Hexenkessel. An jeder Ecke brodelte es, die Stimmung war am Siedepunkt und die Band tat alles, um dem auch gerecht zu werden. Besonders hier war für mich, dass sie auch einige der ganz neuen Songs spielten. Extrem überrascht war ich, als sie ihr Cover von Queens „I want it all“ spielten. Kurz geblendet aber doch umso glücklicher nahm ich diesen und all die anderen Momente des Auftritts in mich auf und genoss es bis zum Ende. Eigentlich wollte ich mir an dieser Stelle auch Drunken Swallows ansehen, aber leider war ich gezwungen noch einmal kurz zum Campingplatz zurück zu kehren, wodurch ich sie leider verpasste. Keinesfalls verpasste ich aber den Hauptact des Abends: absolute Headliner des Festes waren niemand geringeres als die australischen Rockikonen von Airbourne. Wenn die Stimmung vorher schon am brodeln war, dann kochte sie jetzt über. Ich hatte das Glück in den ersten Reihen stehen zu können und war absolut geflasht. Noch nie in meinem Leben habe ich eine Band gesehen, die auf der Bühne so kompromisslos Vollgas gibt wie diese, es gab keine ruhige Minute. Ein Song knallte nach dem anderen raus und mündete einfach in einem Feuerwerk aus gutem alten Rock´n Roll, dem man sich nicht entziehen kann. Wahnsinn was diese Band auf der Bühne für eine Energie hat! Als dieser Gig vorbei war, endete auch für mich das Festival. Ich trank zwar noch einen Absacker bei unseren Nachbarn auf dem Campingplatz, aber sonst passierte nicht mehr viel aufregendes.

Zum Schluss zieh ich meinen imaginären Hut vor dem Rock am Stück Festival, in das ich, glaube ich, dezent verliebt bin! 
Eine solche Atmosphäre habe ich bisher noch nicht erlebt. Man sah viele Familien, die mit ihren Kindern aller Altersklassen dieses Event besuchten, aber auch im gehobenen Alter sah man viele Leute, die sichtlich Spaß bei den Bands hatten. Dazu auch noch diese schnucklige kleine Größe zusammen mit solch hochkarätigen Bands zu diesem Preis bilden einfach das perfekte Rezept für ein Festival! Das schreit förmlich nach Wiederholung, und ich hoffe, dass ich dieses Fest auch in den kommenden Jahren wieder einmal besuchen darf.

Alex
AGF-RADIO